Tod eines Handlungsreisenden

Jubiläum zum Jahresbeginn

Es ist noch gar nicht so lange her: Im November war ich in dienstlicher Mission hinter dem Steuer unterwegs, als der Kilometerzähler der guten alten Familienkutsche seine letzte Hürde übersprang. Am frühen Vormittag kam es mir damals nicht in den Sinn, meinem Gefährt(en) mit einem Gläschen Sekt auf die außergewöhnliche Reisegemeinschaft der vergangenen Jahre zuzuprosten.

Hätte ich das mal lieber gemacht. Denn jetzt hat er unerwartet den Löffel abgegeben. Obwohl, wenn man die Sentimentalitäten einmal beiseite lässt, ganz unerwartet kam das Ende nicht. Der Gefährte war schließlich schon siebzehn Jahre alt und stets ein großer Säufer vor dem Herrn gewesen. Unter zehn Litern Super auf hundert Kilometer gab er sich nur sehr selten zufrieden, das eine oder andere Schnapsgläschen setzte er immer gerne noch oben drauf. Zuletzt hatten nur einige Notoperationen sein Leben gerettet: Der Kühler leckte, die Bremsen gaben an allen vier Ecken nacheinander den Geist auf, die Batterie machte schlapp.

Vor ein paar Tagen quittierte schließlich die Pumpe ihren Dienst. Seine Wasserpumpe. Da war nichts mehr zu machen, obwohl ich den guten alten Kerl anständig abkühlen und dann auf dem kürzesten Weg in die Notaufnahme der Werkstatt rollen ließ. Der Chefarzt im blauen Kittel diagnostizierte Organversagen auf allen Ebenen: Das Schlagerl der Pumpe hatte die Zylinderkopfdichtung gesprengt, außerdem sind Benzin- und Bremsleitungen reichlich rostgeschwängert, die Achslager ausgeschlagen; und die Lenkung hat mehr Spiel als der FC Bayern während einer ganzen Bundesligasaison. Alle vier Bremsscheiben sind schon wieder im Eimer, ein Scheinwerfer und beide Schweller angerostet. Sommer- und Winterreifen kann ich bestenfalls noch auf dem Nürburgring verwenden, und der TÜV-Prüfer schlug die Hände über dem Kopf zusammen, als er meinen Gefährten auf der Hebebühne sah. Um ein Haar hätte er mit der Teufelsaustreibung begonnen.

~

Kurz und gut, wir werden uns voneinander trennen müssen, mein treuer Handlungsreisender und ich. – Der Herr Christophorus sei mit Dir, ich wünsch Dir von ganzem Herzen noch ein paar schöne hunderttausend Kilometer in Anatolien oder der Ukraine.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert