Sieben Fakten für den Leisetreter

Herr Shhhhh fragt nach sieben Geständnissen, die preiszugeben ich ohne meinen Anwalt bereit bin. Und weil seine eigene Selbstauskunft so überaus lesenswert ausgefallen ist, bedanke ich mich artig bei ihm und mach mich ans Werk.

[blue_box]Die Spielregeln:
a) – Verlinke die Person, die dich nominiert hat und bedanke Dich (oder verfluche sie dafür).
b) – Liste die Spielregeln auf.
c) – Nenne 7 Fakten über dich.
d) – Nominiere 7 weitere Blogs.[/blue_box]

1. Mein erster Sommerjob

… war ein dreiwöchiger Einsatz als „Datentypist“ in der Leiterplattenentwicklung der Firma Siemens. Ich war siebzehn und brauchte das Geld. Damals sparte ich auf ein eigenes Windsurfboard, einen sogenannten Sinker. Die sollten aberwitzig schnell sein!
Also tippte ich fünfzehn Tage mal sieben Stunden lang die Namen der Steckplatz-Eingänge von Leiterplatten ab; einen Bezeichner unter dem anderen, 40 oder 50 Stück pro Leiterplatte. Das waren richtig sprechend Begriffe wie „ATR10PX302514N“. In der Nachbetrachtung attestiere ich mir ein unglaubliches Maß an Leidensfähigkeit.
Wahrscheinlich habe ich nur wegen der einzigen Frau in der Abteilung durchgehalten. Frau M. war aus meiner damaligen Sicht steinalt, also ungefähr dreißig. Sie witzelte den ganzen Tag mit ihren Kollegen darüber, wie furchtbar unglücklich sie verheiratet sei, und nutzte jede sich bietende Gelegenheit, mit mir anzubändeln. Frau M. entzündete regelmäßig und zuverlässig meine Fantasien. Trotzdem habe ich sie abblitzen lassen. Wegen schüchtern und doof. Also nicht sie, sondern ich.

2. Meine geheime Superheldenkraft

… verdanke ich einem merkwürdigen Automatismus, der vermutlich angeboren ist. Es gibt ja Menschen, die erinnern sich in phänomenaler Weise an Augen- und Haarfarben von Gesprächspartnern, mit denen sie nur ein paar Worte gewechselt haben. Andere haben stets alle zugehörigen Namen zu Gesichtern parat. Vor 25 Jahren galt noch als bewundernswert, sich alle Telefonnummern von Verwandten und Freunden merken zu können.
Mit solchen Elefantengedächtnisleistungen kann ich nicht aufwarten. Vielmehr glänze ich mit einer vermutlich seltenen Treppenstufen-Neurose, die mich im Alter von fünf Jahren befiel, als ich das Zählen lernte: Ich kann seither oft nach nur einmaliger Begehung eines Gebäudes die Anzahl der Stufen des Treppenhauses rekapitulieren. Als beispielsweise die Maklerin beim ersten Besuch meiner neuen Behausung auf den fehlenden Lift zu sprechen kam, konterte ich sofort mit der nonchalanten Bemerkung, dass es doch zu Fuß lediglich 54 Stufen bis in den obersten Stock seien. Steige ich Treppen, zähle ich unbewusst die Stufen mit.
In meinem Elternhaus waren es 62 Stufen von der Straße bis zu uns, bei meinem letzten Arbeitgeber führten zweimal zehn Stufen von einer Etage in die nächste. – Wissen, das die Welt nicht braucht? Wohl wahr. Aber Superhelden suchen sich ihre Fähigkeiten ja niemals selbst aus.
(Wussten sie übrigens, dass die Wendeltreppen in den Türmen der berühmten Sagrada Familia in Barcelona 329 Stufen haben? Jedenfalls wenn ich mich damals beim Aufstieg nicht verzählt habe.
Nachtrag 28.8.2015: Gelegenheit zum Nachzählen genutzt, vom Kirchenschiff bis zum Brückchen zwischen den zentralen Türmen sind es 271 Stufen. Höher hinauf haben sie uns diesmal nicht gelassen.)

En las escaleras de la Sagrada Familia

3. Mein Sport

… beginnt mit dem Buchstaben S. Seit dreißig Jahren spiele ich Squash. In den Achtzigern war Squash ein Massenphänomen, jeder Zweite hatte ein Racket im Schrank liegen, mit meinen Arbeitskollegen und Freunden pendelten wir ein paar Mal pro Woche zwischen verschiedene Squashzentren, um kleine schwarze Gummibälle platt zu schlagen und hinterher zu saunieren. Erfolgreich wurde ich erst in den Neunzigern als Mitglied der Amateurligamannschaft eines barcelonesischen Clubs, mit dem ich einmal sogar die spanische Meisterschaft gewann. (Wobei ich als ehrlicher Aufschneider ja einräumen muss, dass die Erfolgsgaranten zwei neuseeländische Söldner waren.)
Squash ist natürlich längst out, heutzutage. Ich spiele aber immer noch gern. Inzwischen mit mäßigem körperlichen Einsatz, aber dank eingefleischter Technik meist noch immer erfolgreich.
Neben meinem Faible für das Gummizellenspiel schwärme ich sehr für Schach. Die jüngsten Erfolge des Russlanddeutschen Naiditsch bejuble ich innerlich wegen seiner unerschrockenen Spielweise. Auch wenn er ein Großkotz ist.

4. Meine Leibspeis‘

… sind „Schubsweg“. Lecker! – Wie jetzt. Sie wissen nicht, was das ist? Ich sag mal: Frisch gebrühte Kartoffelteigröllchen in Mohn gewälzt und „weg geschubst“. Mit Puderzucker bestreut und flüssiger Butter übergossen. Andere essen sie als Nachtisch. Ich gern auch als Hauptgericht. Früher mit ’nem Glas kalter Milch, heute mit einem Achterl Grünem Veltliner.

5. Mein Trauma

… liegt begraben in einem Teich im Halbergmoser Moos, über dem heute die betonierten Landebahnen des Flughafens Franz-Josef-Strauß verlaufen. Aus der Teichmitte ragte damals das Dach einer alten Isetta, von den Ufern waren von drei Seiten Holzbohlen auf das Dach gelegt worden, auf denen an Sommerwochenenden Kinderhorden Fangen spielten, während die Eltern Kaffee tranken und Torten verspeisten.
Eines Sonntags schlich einer der spielenden Jungs wie ein geprügelter Hund zur Kaffeetafel und verkündete dort: „Eier Bua is in Froschdeich g’foin!“
Der Bub, der in den Froschteich gestürzt war, war selbstverständlich ich, der ich dem Unfallmelder auf dem Fuße folgte; prall gefüllt mit Kaulquappen in Mund, Hemd und Hosen.

6. Mein Crime Record

… ist abgelegt in einem staubigen Aktenordner eines Polizeireviers in Barcelona. Frühe Neunzigerjahre, frühe Morgenstunde: Wir waren unterwegs in der Stadt, von irgendeiner Bar zu irgendeiner Disco. Die anderen in Autos, ich hinterher auf dem Moppet. Ich kannte den Weg nicht und verpasste die Ausfahrt von der Diagonal. Also wendete ich auf der zur Stunde schwach befahrenen, siebenspurigen Ausfallstraße, wurde aber prompt von der Staatspolizei angehalten.
Kein Ausweis dabei, Fahrzeugschein auch vergessen. Spanisches Fahrzeug, auf (m)einen deutschen Namen zugelassen, diesen Ausländer nahmen sie mir allerdings nicht ab. Also fuhr ich ein ins Loch. Bis Sonntagnachmittag, bis meine Freunde die Ausweispapiere aus meiner Wohnung geholt und mich ausgelöst hatten.
Fand ich damals gar nicht lustig. Echt! – ¡Que te folle un pez!

7. Ich hasse Schneeballsysteme

Im zarten Alter von neunzehn Lenzen spielte ich beim American Roulette mit. Den Begriff findet man beim Googlen gar nicht mehr im damaligen Zusammenhang, also erkläre ich das Spiel: Es ging dabei im Wesentlichen darum, einem guten oder auch nicht so guten Bekannten einen blau-rot bedruckten Flyer (aus echtem Papier!) für 10 Reichsmark Deutsche Mark abzukaufen, dem Veranstalter sowie einer im Flyer genannten Person jeweils weitere 10 Mark in Briefumschlägen (aus echtem Papier!) zuzusenden und dafür drei eigene Flyer (aus echtem Papier!) zu erhalten, die man nun an die nächsten drei Investitionswilligen verhökern sollte.
So weit, so gut. 30 Mark ausgegeben und 30 Mark eingenommen. In der siebten Investitionsrunde nach mir sollte dann endlich ich selbst Briefe mit je 10 Euro zugeschickt bekommen. Gemäß mathematischer Regeln sollten mir also 37 x 10 Mark zugehen, das wären 21.870 Mark gewesen. Nach monatelanger Wartezeit – ich hatte den Kettenbrief-Gewinn längst aufgegeben – trudelten dann zehn Briefe mit insgesamt schlappen 100 Mark ein.
Hätte ich damals die investierte Zeit an der Kasse der Tanke verbracht, an der ich jobbte, hätte ich in der gleichen Zeit ein Vielfaches verdient. Satt gemacht hatte sich nur der Veranstalter.
Seither verabscheue ich Schneeballsysteme, learning by doing. Und ich verstehe jeden, der genau so denkt wie ich. Deshalb nominiere ich keine sieben Nachfolger für die nächsten sieben Fakten. Statt dessen verlinke ich mal sieben Blogs, deren Nabelschau mich interessieren würde. Macht mit, wenn Ihr wollt. Wenn nicht, lese ich trotzdem mit gleich bleibendem Elan und Interesse bei Euch weiter. Versprochen!

Erphschwester
La Mamma
Modeste
Moggadodde
Montez
Novemberregen
Orbis Haessy

Verdammt, alles Frauen. Honi soit qui mal y pense …

5 Kommentare

    1. Oha! Eine späte Reaktion, die beweist: Man soll nie die Hoffnung aufgeben!

      Ich würde mich auch nach einem Jahr über die sieben Fakten aus dem Hause Montez freuen :-)

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