Alles eine Frage der richtigen Zange

Münchens Mitzi hat eine Ode auf ihren Handwerker-Papa gesungen, die mir so gut gefallen hat, dass ich ihr sogleich die Überschrift klauen musste für meine eigene Geschichte, die mir zum gleichen Thema eingefallen ist. Erst wollte ich diese Begebenheit noch als Kommentar bei Mitzi unterbringen, aber dann wurde mir der Text doch zu lang, als dass ich ihn in das kleine Textfeld hineinpfriemeln wollte.

Es ist nämlich so, dass ich nicht nur einen hausmeisterlich begabten Papa hatte sondern gleich zwei. Jedenfalls seinerzeit. Als ich noch mit der Schmerzdame zusammenlebte. Da stand nämlich neben meinem eigenen Vater auch noch mein Schwiegervater auf der Matte; beide von der Natur mit jeweils drei Armen und zwei rechten Händen bedacht, mit denen sie alles hinbekamen, was in einem Haushalt an Reparaturen, Anschlüssen, Provisorien und Installationen überhaupt anfallen kann. Also natürlich auch so Kleinigkeiten wie die irsajsche Heizkörper-Thermostat-Stift-Problematik. Alles eben, woran sich Sohn oder Schwiegersohn nicht recht herantraute.

Normalerweise trafen die beiden handwerkenden Väter ja nicht zeitgleich im Blaumann in unserem Domizil aufeinander. Doch ergab sich ein einziges Mal eine Ausnahme. Nämlich als die Schmerzdame und ich samt Tochter 1.0 von Barcelona nach München umzogen. Da halfen sie beide bei der Montage einer Einbauküche, die wir in einem nicht ganz unbekannten schwedischen Möbelhaus eingekauft hatten.
Schnell standen und hingen Ober- und Unterschränke in der neuen Küche, und wir machten uns an die Detailarbeiten. Schwieger- und leiblicher Vater waren sich sofort einig, wer von ihnen welche Arbeit übernehmen sollte.
„Ich schließ lieber den Herd an“, merkte mein Papa an. „Mit Wasser hab ich’s nicht so.“
„Prima!“, konterte der Schwieger, „ich hab eher Respekt vor Starkstrom. Ich kümmere mich um den Wasserhahn.“
Also werkte ein jeder vor sich hin, und schließlich war der Schwieger fertig mit der neuen Mischbatterie. Dachte er jedenfalls. Aber irgendwie hatte er Kalt- und Heißwasser so mit dem Hahn verbunden, dass es nicht nur heiß in Drehrichtung blau und kalt in Drehrichtung rot lief, sondern auch noch der Wasserstrom hälftig in sich geteilt war: rechts war der Strahl heiß, links kalt. Fragt mich nicht, wie er das angestellt hatte. Mein eigener Vater jedenfalls konnte sich ein leicht hämisches Grinsen nicht verkneifen.

Doch sein Überlegenheitsgefühl hielt gerade mal 24 Stunden an. Zunächst waren wir nämlich alle total begeistert von unserer neuen Cerankochplatte. Es gab damals eine technische Neuerung, die sich „Turbo-Ceran“ nannte, oder so. Das waren Kochfelder, die sehr schnell sehr heiß wurden. Viel schneller jedenfalls als die bis dahin bekannten, normalen Ceranfelder. Wir hatten gar nicht gewusst, dass unser Herd einer dieser Turbos war.
„Wahnsinn!“, kommentierte die damalige Herzdame. Sie konnte die Finger gar nicht von den Drehknöpfen nehmen. Zwanghaft ließ sie eine Platte nach der anderen immer wieder turbo-erglühen.
Nach einem Tag Turbokochen war es allerdings vorbei mit der schnellen Hitze. Eines der Felder blieb schwarz. Und kalt. Da konnten wir noch so oft am Knöpfchen drehen. Es stellte sich heraus, dass die Herdplatte keineswegs ein Turbo-Ceran war. Vielmehr hatte mein Papa die Platten falsch angeschlossen, so dass das erste Kochfeld bereits nach einem Tag durchgebrannt war.

Nun war es der Schwiegervater, dem ein feines Lächeln um die Lippen spielte, als ihm diese Geschichte zu Ohren kam. Und so kam es, dass beide Väter nun quitt waren und fortan die besten Kameraden, was ja nicht unbedingt vorausgesetzt werden darf unter verschwiegerten Menschen.

Was ich sagen wollte: Passen Sie auf, wenn Sie in München leben und sich einen preisgünstigen Hobby-Handwerker aus den Kleinanzeigen der Zeitung heraussuchen. Nicht dass Sie dabei womöglich an meinen Vater oder meinen Schwiegervater geraten!

9 Kommentare

  1. Diese Erzählung ist viel zu schön für ein Kommentarfeld.
    Obwohl ich herzlich gelacht habe, bin ich voller Bewunderung. Ein Turbo Ceranfeld ohne vorgesehenen Turbo ist eine Leistung (an der Lebensdauer kann man ja noch arbeiten). Noch viel beeindruckender finde ich aber den geteilten Wasserstrahl. Gibt man einen solchen in Auftrag, scheitert sicher jeder Installateur.
    Ich frage mal bei meinem Vater nach ob er bei mir nicht auch….obwohl…vielleicht doch nicht ;).

    1. Ja, diese Sache mit dem Wasserstrahl werd ich auch nie mehr vergessen, auch wenn mir nach wie vor jegliches Verständnis für das Phänomen fehlt.

  2. Selbst aus einer Familie stammend, in der man zum Glühbirnenwechseln den Elektriker rief (ohne Witz), bin ich voller Bewunderung für alle, die es überhaupt schaffen etwas in Gang zu bringen, ganz egal wie und für wie lange.

    Schmerzensdame klingt nach Dolores. Eine schöne Eindeutschung, wenn es eine sein sollte, und wenn nicht dann einfach so ein tolles Wortspiel.

    1. Na ja, die „Schmerzdame“ war ja vor Jahren durchaus die „Herzdame“. Aber die Zeiten ändern sich, und mit ihnen manchmal auch die Bezeichnungen. Insofern sind es durchaus „dolores“ de los que sufrimos, die wir erleiden ;-)

  3. Welcher von den beiden wars, der da auch bei mir in der Dusche den Anschluss vertauschte?
    Rücken Sie raus mit der Sprache. Wir waren es nämlich nicht. Und der Handwerksbetrieb, den wir engagiert hatten, auch nicht.

    1. Mein Schwiegervater? Himmel hilf! Ich wusste gar nicht, dass der sogar bis nach Niederösterreich anreist.

    1. Da schüttelt’s mich ja gleich! Frau Rosenherz, das ist schon ein bissl arg, was Sie hier an Kontext herbeizerren ;-)

    2. Lieber Wortmischer,
      ich hatte vor meinem Blogbesuch hier das Radio-Feature über den Fall der Hebamme Anna Röckel-Loenhoff gehört und im Internet über dieses unselige Gerichtsurteil recherchiert. Und da es bei der Geburt von Babys im Krankenhaus manchmal arg zugeht mit der Zangengeburt … kam die gedankliche Überleitung zu deiner Überschrift zustande (bei der ich noch nicht wusste, worum sich deine Gedanken drehen werden im Text).

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