Schachgeplänkel

In der Moskauer Tretyakov-Galerie sitzen zwei Männer in einem verglasten Käfig auf Bürostühlen zwischen drei Kameras. Zwischen den beiden ist auf dem Tisch ein Schachbrett aufgebaut. – Eine aus Zuschauersicht gewöhnungsbedürftige Aquarienoptik, wie ich finde.

Blick in die Tretyakov Galerie am 11.05.2012

Seit Freitag spielen Weltmeister Viswanathan Anand und sein Herausforderer Boris Gelfand um die Weltmeisterschaft 2012 im Schach. Und ich hatte versprochen, ab und zu ein paar Worte zum Fortgang der WM abzusondern.

Wer selbst zusehen möchte, braucht übrigens nicht nach Moskau zu reisen, sondern kann sich über die Website des Weltschachverbandes den Livestream zu allen Partien ansehen. Das Bild oben ist ein Screenshot des Streams vom Samstagnachmittag.
Dort moderiert der Chefredakteur der Chess News die Kommentarsessions wechselnder Schachgroßmeister; während der ersten beiden Partien interpretiert der Brite Nigel Short das Geschehen auf dem Spielbrett.

Wer sich nur für Ergebnisse und gelegentliche Randnotizen interessiert, dem empfehle ich hingegen mein Gezwitscher unter @wortmix.

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Das WM-Match entwickelt sich offenbar genau so, wie es die Experten vorhergesehen hatten. Überraschungen gibt es wenige, die beiden Kontrahenten geben sich keine Blößen, und die Partien enden relativ zeitig ohne Siege und Niederlagen. Man tastet sich ab und geht keine Risiken ein. Erstaunlich ist, dass der Kommentator Short, der während der Denkpausen Vorschläge zu möglichen nächsten Zügen macht, häufig richtig liegt. Ist das Spiel der beiden tatsächlich so durchsichtig?

Die erste Partie endete am Freitag trotz einiger Attacken nach drei Stunden und 27 Minuten unentschieden, nachdem der Herausforderer Gelfand sich mit den schwarzen Figuren erfolgreich gegen Angriffe Anands zur Wehr gesetzt hatte, jedoch „keine Chance sah, meine Position zu verbessern“, wie er in der Pressekonferenz im Nachgang einräumte.
Diese Pressetermine sind ein Thema für sich. Konferenzsprache ist russisch, das Boris Gelfand als gebürtiger Russe natürlich perfekt spricht. Der Inder Anand sitzt dann meist etwas deplatziert wirkend daneben und blickt unverwandt von einem zum anderen. Aber vielleicht täusche ich ich da auch, denn ich finde, der Titelverteidiger wirkt auch am Spieltisch manchmal deplatziert. Womöglich ist das einfach seine Art aufzutreten.

Die zweite Partie endete gestern erneut unentschieden, nachdem Gelfand, mit den weißen Figuren spielend, zunächst leichte Vorteile herausgearbeitet hatte. – Somit steht es nach zwei Partien 1 – 1 zwischen Anand und Gelfand.

Mir fällt auf, dass beide Spieler häufig und frühzeitig Figurentausch anbieten. Dadurch leert sich das Spielfeld rasch, das Unentschieden wird unausweichlich. Ich bin gespannt, ob das so auch in den nächsten Partien weiter geht.

Heute ist Ruhetag, die dritte Partie beginnt am Montag um 13 Uhr.

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