Selbstanzeige

Der kalte Schweiß steht mir auf der Stirn; ich schlafe nachts so gut wie gar nicht mehr; morgens zittern meine Hände wie die eines Alkoholikers in den Mittfünfzigern, wenn ich den Kaffee aufsetzen will. – Kurz, ich kann nicht mehr. Ich muss mein Gewissen erleichtern, bevor mich ein Mitwisser an den Pranger stellt. Ich gestehe.

Schon im vergangenen Sommer plagten mich Gewissensbisse, als ich meine Gartenplanung in Angriff nahm. Drei Wochen im Juli und August hatte ich vorgesehen, um mit Kleinbagger, Schaufel und Schubkarre den Garten rund um das Haus einzuebnen, Wege anzulegen und künftige Rasenflächen mit Mutterboden aufzuschütten. Und vorwurfsvoll blickten mich die Augen der Töchter 1.0 und 3.0 an, wenn sie täglich gegen Mittag eigentlich ins Freibad aufbrechen wollten, wegen des anhaltenden Frühwinterwetters jedoch die Badetaschen wieder in die Zimmerecken stellen und statt dessen nach Schals in den Schränken suchen mussten. Sie wussten schon damals, dass nur einer die Schuld am Ausfall des Sommers 2011 trug: ihr Vater. Ich und meine Gartenbauambition waren die Ursache dafür, dass das Thermometer nur in Ausnahmefällen die 20°-Marke erreichten, dass es täglich in Strömen regnete und dass der Hochsommer zum Spätherbst verkam.

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Gestern Nachmittag um vier verließ ich das Büro auf dem Weg in den Sommerurlaub 2012. Drei Wochen arbeitsfrei, Wiederantritt nicht vor dem 6. August. – Give me five!

Aber fragen Sie besser nicht, was ich vorhabe. Denn es ist ja so, dass zwar der Boden rund ums Haus geebnet ist, die Wege begehbar sind und auf dem lehmigen Untergrund dreißig Zentimeter fruchtbarer Mutterboden lagern; jedoch statt Grashalmen, Büschen und Bäumchen nur Kraut wuchert. In den kommenden zwanzig Tagen heißt es, den Bewuchs zu trimmen, den Boden zu roden, zu glätten und mit Rasensaat zu versehen. Drei Wochen Gartenarbeit. Drei Wochen grimmige Kälte, Starkwind und Dauerregen.

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Es tut mir leid. Jetzt wissen Sie es. Ich bin der Schuldige an mittlerweile zwei grauenvollen Sommern in DUL. Vergessen Sie das ganze Gerede über den angeblichen Klimawandel. Alles Mist. Ich bin schuld. Sagen Sie es ruhig weiter. Es ist ja immer gut, wenn man einen Verantwortlichen zur Hand hat.

Aber ich verspreche: Nächstes Jahr mache ich keinen Finger krumm hier im Garten. Da bin ich weg. Weit. Und das Sommerwetter ist hier. Verlassen Sie sich drauf!

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