Stilfrage

Wer schreibt, möchte in den meisten Fällen, dass den Lesern die Texte nicht nur inhaltlich sondern auch stilistisch gefallen. Es ist schwer, Leser selbst durch die interessantesten Themen zur Wiederkehr zu bewegen, wenn der Schreibstil bereits die Füße einschlafen hat lassen.

Wer auf Nummer sicher gehen will, analysiert seinen Schreibstil. Wenn dabei herauskommt, dass man zum Beispiel wie Haruki Murakami schreibt, kann man sich zufrieden zurücklehnen und an Inhalten feilen. Dann kann nichts mehr schief gehen. Käme allerdings ans Licht des Tages, dass der eigene Stil dem von sagen wir Helene Hegemann oder Konsalik ähnelt, könnte das beim Schreiberling durchaus für Depressionen sorgen. Aber wenigstens wüsste sie oder er dann, woran er/sie/es ist und ob man womöglich besser eine Umschulung bei der Arbeitsagentur beantragen sollte. Zumindest dann, wenn man mit dem Schreiben Geld verdienen wollte.

Ich jedenfalls suchte Klarheit und habe die Stiltestengine von Dmitry Chestnykh bei der F.A.Z. ausprobiert. Das hat ja etwas von intellektuellem Ego-googeln: „Ich geb Dir was von mir zu lesen, und Du sagst mir wie geil ich schreibe!“ – Vollkommen bar jeglicher Eitelkeit stopfte ich also drei ganz unterschiedliche, längere Texte aus der Wortmischerei in den Trichter des Eingabeformulars. In allen drei Fällen kam die künstliche Intelligenz zur gleichen Schlussfolgerung:

Ich schreibe wie Melinda Nadj Abonji

Äh, … ja. Ich gestehe, dass die Dame total an mir vorübergegangen ist. Deutscher Buchpreis im Jahr 2010. Schweizer Buchpreis im gleichen Jahr. Vom Romanerfolg Tauben fliegen auf noch nie etwas gehört oder gelesen …

Melinda Nadj Abonji

Melinda Nadj Abonji in der Bildersuche

 

Ich komme wohl nicht umhin, den Taubenroman einmal zu lesen. Damit ich weiß, wie ich schreibe. – Oder ich vergesse die Stiltestengine ganz schnell wieder.

Sonst schon jemand mal ausprobiert?

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