In den letzten Tagen habe ich Euch 3 tote Freunde und 2 sehr lebendige Freunde vorgestellt. Heute setze ich den Schlusspunkt mit einem Beitrag über 1 Bloggerin, deren Mut ich unendlich bewundere, die mir allerdings richtiggehend unheimlich ist. Auch in diesem Fall gilt, dass mich die betreffende Dame überhaupt nicht kennt, wie denn auch. Ich bin wahrscheinlich eine ihrer 3.568 langjährigen Leserinnen, die sich nie zu Wort gemeldet haben.
Vorspeisenplatte – Unter dem Nicknamen Kaltmamsell bloggt eine spanische Münchnerin aus der Oberpfalz seit gefühlten fünfzehn Jahren. Über diese lange Zeit hinweg hat sie sich dem Publikum ganz langsam Schicht für Schicht entblättert, so dass treue Leserinnen und Leser inzwischen nicht nur ihren Namen aus dem richtigen Leben kennen sondern auch ihre sportlichen Aktivitäten samt Trainigsstand und Wehwehchen, ihr berufliches Auf und Ab und natürlich Ergebnisse auf dem Herd und aus dem Ofen.
Ihre Familie lässt sie ebenso selbstverständlich und detailliert auftreten wie sie Urlaubsreisen dokumentiert. Ihre Leserschaft wird in Wort und Bild ausführlich über das Leben der Kaltmamsell informiert. Nur einer bleibt nach wie vor im Schatten: ihr Lebensgefährte, der „Mitbewohner“.
Ich glaube, die Kaltmamsell ist die einzige Bloggerin aus der kleinen Riege der manchmal als A-Blogger bezeichneten Prominenten, die zwar halb Internetdeutschland besser kennt als die eigenen Schwestern, die aber nie auch nur einen Schritt in die Professionalität gemacht hat. Keine Werbung im Blog, keine bezahlten Seitensprünge in redaktionellen Auftritten, keine Bücher.
Wahrscheinlich ist diese Zurückhaltung an der allerletzten Schranke zur Öffentlichkeit der wichtigste Grund, warum ich noch immer jeden Tag die Vorspeisenplatte mit klopfendem Herzen aufrufe. Wie geht es ihr heute? Ist der Job immer noch nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatte? Oh je.
Alle anderen heutigen Promiblogger, die ich früher gelesen habe, zum Beispiel den Sascha Lobo, den Max Buddenbohm, oder die Isabel Bogdan, habe ich aus meiner Blogleseliste gestrichen. Das Geldverdienen verträgt sich nicht mit der zumindest gefühlten Intimität zwischen Amateurschreiber und Leserschaft, befürchte ich.
Andererseits ist die Kaltmamsell der hauptsächliche Grund dafür, dass ich mich stets verwehrt habe, ein eigenes Blog aufzumachen. Nichts Schlimmeres könnte mir widerfahren, als einen ähnlichen Erfolg einzufahren wie die Vorspeisenplatte. Ich bin mir sicher, ich könnte nicht so souverän wie die Kaltmamsell mit der einseitigen Öffentlichkeit und der Einsamkeit der Schreiberin auf der anderen Seite umgehen.
Dafür bewundere ich die Kaltmamsell. Und gleichzeitig habe ich davor eine Heidenangst.
Eure Charlotte
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