Damit Sie den auch mal gesehen haben: So sieht ein Literaturnobelpreisträger aus. Von Jahr zu Jahr bekommt man als Interessierter mehr das Gefühl, das Nobelkomitee beabsichtige, sich interessant machen zu wollen, indem sie Literaten auszeichnet, die möglichst niemand kennt. Ist ja vielleicht auch viel gerechter so: Man nehme die Top 100 der bekannstesten Schriftsteller und verleihe den Nobelpreis an denjenigen, der an letzter Stelle steht. Der braucht den Zaster wahrscheinlich eher als jemand aus den Top Ten.
Ich gedenke übrigens nicht, irgendetwas von Patrick Modiano zu lesen. – „Für die Kunst des Erinnerns, mit der er die unbegreiflichsten menschlichen Schicksale wachgerufen und die Lebenswelt während der [deutschen] Besatzung sichtbar gemacht hat.“ Befindlichkeiten. Schwere Geschichtskost. Ach, lasst mich doch in Ruhe.
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Von meiner Halde habe ich gestern Abend einen Roman geklaubt, den ich zuletzt vor 30 Jahren gelesen hatte. Desideria von Alberto Moravia. Dessen Romane hatte der Vatikan im vergangenen Jahrhundert noch wegen Obszönität auf den Index gesetzt, während der Autor gleichzeitig Literaturpreise dafür erhielt. Der Nobelpreis war allerdings nicht darunter.
So ging es mir bei Herta Müller auch…
Stimmt. Allerdings hat mir die „Atemschaukel“ der Müllerin damals ausnehmend gut gefallen. Eine echte Empfehlung!
Irgendwann in Ende der 90en fuhr ich mit dem Zug von Aachen nach Frankfurt zum Titanic-Buchmessenfest. Mir gegenüber saß ein sehr nervöser Herr, ein Flame, der ständig telefonierte, was damals noch nicht so üblich war. Seinen Telefonaten entnahm ich, dass er ein Verlagsmensch war, und es ging darum, wie man als Verlag reagieren würde, wenn der flämische Schriftsteller Hugo Claus, endlich den Literaturpreis bekommen würde. Claus war erneut nominiert, und der Preisträger sollte just bekannt gegeben werden. Jedenfalls hat mich dass ganze Getue ziemlich angewidert, und ich sah, dass es für den Verlag um Prestige und vor allem um ein Riesengeschäft geht. Claus hat den Nobelpreis nie bekommen, und ich habe seit meiner Erfahrung aus dem Zug nie mehr auf den Literaturnobelpreis geachtet.
Na ja, der Nobelpreis für Literatur ist halt doch sowas wie DSDS für Intellektuelle. Man schmückt sich gerne mit der vermeintlichen eigenen Überlegenheit ;-)