Ich gebe zu, dass ich gerne in diesen hippen Katalogen blättere. Angefangen hatte es vor Jahren mit der ProIdee. Bis mir irgendwann der ganze Schnickschnack dort zu billig wurde. Also man missverstehe mich jetzt bitte nicht. Ich bin kein Rockefeller und „billig“ im Sinne von „niedrigpreisig“ fand ich nicht einen einzigen Artikel der Kataloge. Vielmehr war es die offensichtliche oder zumindest vermutete Qualität der Produkte, die ich billig fand: Ramsch aus Fernost, meist aus der Techieecke, organisiert in einer Art virtueller Kaffeefahrt auf Katalogbasis für junge oder vermeintlich jung gebliebene Menschen. Selbst nach zwanzig Jahren kommen diese Hochglanzdruckwerke noch immer per Post zu uns, aber mittlerweile findet noch nicht einmal mehr Sohn 2.0 Gefallen an ihnen. (Allerdings räume ich eine gewisse Schwäche für den Geruch der Hefte ein, wenn ich sie frisch aus dem Plastikumschlag zerre. Vielleicht sollte ich es mal mit Pattexschnüffeln versuchen?)
Ab einem bestimmten Alter landet der Katalogfetischist zwangsläufig bei Manufaktum, diesem Laden, der mit seiner offen zur Schau getragenen Rückständigkeit auf Kundenfang geht, mit seinem Slogan „Es gibt sie noch, die guten Dinge“, und mit Preisen, bei denen man zunächst vermutet, je ein Dutzend der „guten Dinge“ zu erstehen, bevor man feststellt, dass es sich um Einzelstückpreise handelt. Ich habe übrigens keine Ahnung, wie der Manufaktum-Katalog seinen Weg in unseren Haushalt gefunden hat. Genau so wenig weiß ich, woher der Konkurrent Biber und neuerdings auch noch die Kollegen von Ikarus auf meine Existenz aufmerksam wurden. Bestellt habe ich bei keinem der drei, noch nicht einmal den Folgekatalog. Nicht ein Stück aus deren Sortimenten hätte ich mir leisten können oder auch nur wollen. (Aber wahrscheinlich hat das Einwohnermeldamt meine Kontaktdaten verhökert.)
Trotzdem lese ich immer wieder gerne die gediegenen Produktbeschreibungen, die gewiss von gediegenen Textern stammen, sehe mir dazu die sauber ausgeleuchteten Abbildungen an und nehme diesen unterschwelligen Kitzel wahr, der mich immer dann beschleicht, wenn ich wieder einmal daran denke, was es alles gibt, was ich nicht brauche, das aber offenbar jede Menge Käufer findet, denn sonst gäbe es doch all diese Druckwerke nicht. Und ab und an finde ich ja auch die eine oder andere Perle, wie ich sie unlängst schon als @wortmix in die unüberschaubare Menge meiner sieben Follower geworfen hatte:
Ikarus bietet auf Seite 102 seines Katalogs diese sensationelle Hipsterin, die nicht etwa über das Schlafsofa „Idouble“ sondern unerwartet über die Sinnfrage gestolpert zu sein scheint. Grandios!
Apropos „grandios“: Wirklich außergewöhnlich geschäftstüchtig sind die Leute von Ikarus, das muss man ihnen lassen. In ihrem Katalog versuchen sie nicht nur, den Lesern ihr hippes Brimborium anzudrehen. Sie gehen einen Schritt weiter und schnorren die Leute unverbrämt an. Wer sich mit einer Einlage von mindestens 8.000 Euronen an Ikarus beteiligen will, bekommt dafür eine Rendite von 7 Prozent pro Jahr in Aussicht gestellt sowie einen Teilhaberrabatt von 10 Prozent auf jede Bestellung. Sehr clever gedacht, meine Herrn. Denn wer erst in den Laden investiert hat, der kauft bestimmt nicht mehr bei der Konkurrenz.
Aber die schläft natürlich auch nicht, die Konkurrenz. Ausgerechnet der Prähistoriker unter den Produktversendern, Manufaktum, ködert seine Kunden mit einer eigenen iPad-Äpp. Die verlinkte Seite ist übrigens wirklich lesenswert. Erst schwadroniert man dort über Begrifflichkeiten der „Apple-Sprache“, erläutert im Anschluss in epischer Länge und Bebilderung die Gründe, die für die Produktpräsentation auf dem iPad sprechen, nur um zu guter Letzt auf die grundsätzlichen Mängel der Apple-Konzepte hinzuweisen und zu begründen, warum man selbst keine iPads zum Kauf anbieten wolle, obwohl man die passende Äpp bereit halte.
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Schöne neue, alte Welt!
Ob das mannequierende Wesen da tatsächlich sinnfragetechnisch befähigt ist? Die ist woghl eher in dem langschlaufigen Teppich hängengeblieben. Da fällt mir ein, bald ist wieder Quartalsende, Zeit meine Zehennägel zu schneiden.
Noch grandioser ist die Tatsache, daß die Verkäufer potenzielle Kunden noch darauf hinweisen wie bescheuert man sein muß um sich für € 710.00 zwei Schaumstoffblöcke mit Textilüberzug zu kaufen, Stichwort „Scheuertouren“