Buchdruck im 21. Jahrhundert

Wir schwadronieren ja gerne darüber, wie lange es wohl noch dauern mag, bis das gedruckte Buch vom elektronischen E-Book endgültig abgelöst werden wird. Einen interessanten Beitrag zu dieser Diskussion liefert der Roman Indigo von Clemens Setz. Der Autor gibt seinem Text nämlich eine zusätzliche Dimension mit auf den Weg, die aktuelle E-Book-Reader nicht ohne Weiteres abbilden können. Clemens wählt nämlich abhängig von der Erzählsituation unterschiedliche Schriftlayouts. Der Roman beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis (Kapitelübersicht), die in Handschrift abgedruckt ist. Es folgt ein Brief an den Protagonisten, der in Schreibmaschinenschrift gesetzt ist. Danach entwickelt sich Handlung in einer handelsüblichen Serifenschrift, die im Großen und Ganzen wohl über neunzig Prozent des Buches ausmacht. Auf Seite 80 des Werks stößt der Leser jedoch plötzlich auf einen zweiseitigen Einschub aus einem historischen Text, der in Frakturschrift gesetz ist.

Indigo: Die Jüttnerin von Bonndorf

„Das Kindlein wurde in der Folge das Kometen-Kind genannt und wuchs bei fürsorglichen Nonnen in einem gesonderten Bezirk auf. Merke: Es ist ein Glück, daß man in manchen Fällen nicht zuerst nach dem Priester, sondern nach dem Arzte schicken lässt. So ist die Stadt Bonndorf im Jahre des Kometen 1811 vor einer Ankunft des Leibhaftigen bewahrt worden.“

(Clemens J. Setz, Indigo, Suhrkamp, 2012)

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Einmal abgesehen davon, dass ein Großteil der Leserschaft weder mit der unleserlichen Handschrift des Inhaltsverzeichnisses noch mit Frakturschrift zurecht kommen wird, muss man wohl einräumen, dass der Roman auf den derzeit angebotenen E-Readern entweder nicht darstellbar ist oder eben gegenüber der gedruckten Ausgabe stark reduziert würde, wenn die Gestaltung durch verschiedene Schriftarten einfach unterschlagen wird. (Auf Kommentare von Passanten, die Indigo als E-Book gelesen haben, wäre ich ernsthaft gespannt, um nicht zu sagen: neugierig.)

3 Kommentare

  1. Du implizierst, dass E-Books nur eine (feste) Schriftart kennen. Bei den Kindle-Apps (und vermutlich auch auf dem Kindle selbst) kann man – neben ein paar unterschiedlichen vorinstallierten Schriftarten – auch die Option „Schriftart des Verlags“ einstellen. Ich denke, in diesem Fall wäre das eine gute Wahl.

    (Aber um deine Frage zu beantworten: Das Buch habe ich nicht elektronisch vorliegen, deine Frage kann ich also leider nicht genügend beantworten.)

    1. Na ja, dass E-Reader vielleicht sogar Frakturschrift anzeigen könnten, mag ich mir sogar vorstellen. Aber die Handschrift des Autors, die übrigens auch inhaltlich von Bedeutung ist in „Indigo“, kann sicher nicht angemessen angezeigt werden. Höchstens als Grafik. – Es bleibt also spannend.

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