Die neue Öllampe

„Whiiiii-bup. Whiiiii-bup. Whiiiiiiiiii-bup.“ – „Während der Geräteinitialisierung können Geräusche entstehen“, kommentiert die Aufbauanleitung des neuen Druckers die halbstündige autistische Selbstbeschäftigung des schwarzen Kastens lapidar. Seit den frühen Morgenstunden beschäftige ich mich damit, den Multifunktionsdrucker zum Leben zu erwecken, den das Christkind der entzückten Familie unter den Weihnachtsbaum gelegt hat.

Man muss dazu wissen, dass ich zuvor über ein Jahr lang versucht habe, den alten Eps*n-Drucker zu reanimieren, der nach dreijährigem Einsatz an der Familienfront eine Funktion nach der anderen sukzessive abgekündigt hatte. Zuerst war sang- und klanglos die Scanfunktion des Gerätes verstorben, danach waren im ausgedruckten Text immer häufiger feine weiße Linien aufgetaucht, ganz so als ob der Drucker einen Schleier über die Texte ausbreiten hätte wollen.
Ich meine, es ist in der Tat nicht vollständig auszuschließen, dass das sensible Druckgerät angesichts so mancher Textqualität in den Streik treten wollte; was da so alles Schwarz auf Weiß hätte präsentiert werden sollen …

Aber ich bitte Sie, das kann doch nicht angehen, dass ein technisches Gerät damit beginnt, eine Zensurfunktion auszuüben. Wo kämen wir denn da hin? – Zu besseren Texten, meinen Sie? Ach was, das geht doch nicht an! Meine Fehler begehe ich noch immer am liebsten selbst!

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Auf jeden Fall gibt sich der Neue offenbar redliche Mühe: „Whiiiii-bup.“ – Wenn er sich erst einmal initialisiert und kalibriert hat, dann prognostiziere ich ihm und uns eine glanzvolle gemeinsame Zukunft. Was der alles drauf hat! Er kann nicht etwa nur einfach drucken. Vielmehr kann er auch kopieren und sogar Papierstapel als PDF-Dateien scannen, was eigentlich gegen seine Natur als Papierauswerfer verstößt, mich jedoch in meinen Bemühungen unterstützt, einen baumleichenlosen Haushalt zu etablieren.

Außerdem bietet uns der Neue auch an, Druckaufträge weltweit von jedem PehZeh mit Internetanschluss per E-Mail entgegen zu nehmen. Ja, unser Drucker hat einen eigene E-Mailadresse! Da sehen Sie mal. Ich weiß zwar noch nicht, wozu es gut sein soll, aus dem Internetcafé zum Beispiel in Guatemala einen Fotodruck zu Hause anstoßen zu können. Aber ich habe das gute Gefühl, es notfalls tun zu können. – Yes, we can!

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Ein wenig ratlos macht mich der Touchscreen des neuen Druckers. Da kann man nicht nur zwischen Kopieren und Scannen hin- und herwechseln, sondern auch noch „Apps“ auswählen und womöglich sogar herunterladen. Es handelt sich da scheinbar um Spiele-Apps. Soll ich jetzt auf dem Miniscreen des Druckers Spiele spielen? Super-Mario auf 640 mal 480 Pixeln? Muss ich das als Mehrwert verbuchen? – Ich hoffe, Tochter 3.0 lässt die Finger von dieser undurchschaubaren Funktion. Aber vielleicht habe ich auch nur das Prinzip noch nicht verstanden.

Allerdings befürchte ich, dass dem Neuen und mir noch eine beziehungstechnische Ernüchterungsphase bevor steht. Nämlich dann, wenn im Monatsrhythmus der Kauf von Tintenpatronen anstehen wird. Denn wie bei Aladins Öllampe war der Kaufpreis des technischen Giganten überschaubar. Was richtig ins Geld gehen wird, ist wohl nach wie vor das Verbrauchsmaterial. Ein Liter Lampenöl Ein kompletter Satz Druckerpatronen schlägt mit etwa sechzig Euro zu Buche.

„Whiiiii-bup.“

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