Oder: Die lange Nacht der Museen in Frankfurt und Offenbach. – 12 Euronen pro Kopf, 50 offene Museumstüren, 50.000 Besuchswillige.
Na gut, ob es wirklich 50.000 waren, weiß ich nicht. Das ist eine Schätzung. So viele Menschen waren nämlich mindestens in den Shuttle-Bus gepfercht, der uns vom Experiminta zum Kriminalmuseum schaukelte. Eine Fahrt in einem nigerianischen Danfo wäre einsamer und geordneter verlaufen als im Frankfurter Museumszubringer.
Die Fünfzigtausend aus dem Bus waren übrigens auch alle zeitgleich in den beiden von uns besuchten Museen. Die Gebäude waren derartig bombenvoll, dass man nicht einmal mehr irgendwo stehen bleiben konnte, um auf einen der Begleiter zu warten; die Masse waberte im Schneckentempo durch die Räume, das Ansehen der Exponate war nur im Vorbeistehen möglich. – Trotzdem haben die Veranstalter ihr Ziel erreicht: Sie haben mich angefixt.
Das Experiminta, Museum für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, ist ein klarer Fall für experimentierfreudige Mädchen, Jungs und Junggebliebene. Ich würde meinen Hut verwetten, dass zum Beispiel Herr Buddenbohm & Söhne in diesem Museum – ist das denn überhaupt ein Museum? – problemlos ein, zwei Tage und Nächte am Stück verbringen könnten. Man darf und soll alles anfassen und ausprobieren, und es gibt kein Ausstellungsstück, das nicht sofort die ungeteilte Aufmerksamkeit des Passanten erregen würde. Ich empfehle dringend den Brückenbau aus abgesägten Lattenrostplanken sowie den „Schimärenspiegel“, wie ich so ein Ding insgeheim getauft habe, das im Untergeschoß mitten im Raum steht: In einem mannshohen Holzrahmen sind in regelmäßigen Abständen waagrechte Spiegelbalken angebracht. Wenn man davor steht, sieht man sich selbst sozusagen nur streifenweise. Interessant wird es aber, wenn auf der anderen Seite ein gleich großer Mensch möglichst auf Augenhöhe steht. Dann nämlich sehen beide zwischen den eigenen Streifen, die Streifen des Gegenüber. Davon müssen Sie unbedingt ein Photo knipsen, Sie glauben nicht, wie witzig das Ergebnis ist!
Die Polizei hat sich ungeheuer viel Mühe gegeben mit der Präparierung des Kriminalmuseums für die Zuschauerströme. Obwohl die Exponate* im Polizeipräsidium an der Miquelallee im Hinblick auf Fläche und Menge durchaus überschaubar sind, war viel geboten. Wer wollte, durfte in Polizeiautos herumklettern und mit Schirmmütze hinter dem Lenkrad posieren, auf dem Rasenstreifen zwischen Gebäude und Straße fanden Hundestaffelvorführungen mit Beißattacken und Schusswechseln statt, und wer dabei Hunger bekam, konnte sich am Grillwagen einer Metzgerei mitternächtliche Steak- oder Wurstsemmeln und Bier-Limo-Cola-Wasser besorgen. Die Warteschlange schlängelte sich schlangengleich durch den Innenhof des Präsidiums, vorbei an gefesselten Bäumen und dem Polizeiorchester, das unermüdlich Stunde um Stunde den James Last gab. Auch wenn man derlei Musikrichtung nicht in seiner persönlichen Playlist hat, war es doch ein angenehmer Zeitvertreib, im James-Bond-Medley die Titelmelodien und Filmtitel zu raten. Der absolute Hit aber war ein Mensch in Kostüm und roter Melone, der den Passanten die Geheimnisse des polnischen Becherspiels vorführte. Sie wissen schon: drei golden lackierte Walnusschalen und nur ein Kügelchen untere einer der Schalen. – Aber Vorsicht bei einem Mann mit roter Melone! Der hat nämlich wahlweise mal gar keine Kugel unter den Schalen oder dann wieder eine unter jeder der drei. Und ich garantiere Ihnen: Sie sehen auch aus einem Meter Abstand nicht, wie er es anstellt.
*) Gruseligstes Exponat: Die in Formalin konservierte Hand eines Mordverdächtigen im Fall Nitribitt.
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Jetzt heißt es also: separate Besuche zumindest des Experiminta und des Kriminalmuseums. Ach ja, das Geldmuseum der Bundesbank muss ich auch unbedingt sehen. Im Gedränge des Shuttle-Busses wurde Wunderbares darüber berichtet.