Elektrozombies

Wenn ich mich an Osterferien mit meinen Eltern erinnere, fällt mir zuerst Italien ein. Papa gehörte der Toscanafraktion an, es würde mich nicht wundern, wenn er damals mit Lafontaines Oskar irgendwo zwischen Florenz und Livorno Rotwein gepichelt hätte. Mir selbst sind allerdings eher die Wochenmärkte in Erinnerung geblieben, diese chaotischen, dreckigen, lauten Anhäufelungen von Verkaufstischen, wo man die aberwitzigsten Scheußlichkeiten finden und kaufen konnte.
Papa bekam auf einem dieser Märkte eine gruselige Herrenhandtasche verpasst, die ihm ein paar Tage später in Rom von einem kleinkriminellen Vespasozius vom Handgelenk gerissen wurde, was Papa neben dem Verlust von Geld und Papieren auch einen schicken und von den Töchtern viel bewunderten Bluterguss an der Hand eintrug. Unser Vater, der Held!

An Mama erinnere ich mich stets mit stöckeligen Riemchensandalen, Modellreihe Sophia Loren, die sie im Staub der Märkte anprobierte und die den jeweiligen Urlaub nicht überlebten. Meine Schwester bekam irgendwann ein grauenhaftes Polyesterkleidchen in weiß mit rosa Rüschen. Mir läuft es heute noch kalt den Rücken hinunter, wenn ich mich an das Gefühl erinnere, das der Stoff an den Händen erzeugte, wenn man das Kleid zwischen den Fingern rieb.

Ich hatte es eher weniger mit Prinzessinnenkleidern oder Schühchen oder Täschchen. Vielmehr erinnere ich mich, damals so lange gebrüllt und geschrienen zu haben, bis mir die Eltern entnervt ein batteriebetriebenes Spielzeug kauften, das aus einem bananenförmigen Rumpf bestand, an dem vier große Stollenräder befestigt waren. Wenn man das Gefährt per Schalter in Bewegung setzte, fuhr es solange geradeaus, bis es auf ein Hindernis traf, versuchte daran ein paar Zentimeter wie eine Raupe emporzuklettern, kippte schießlich um und fuhr einfach in eine andere Richtung davon, als sei nichts gewesen.
Wahrscheinlich begeisterte mich schon damals die Einstellung zum Leben, die dieses Gefährt widerspiegelte: Halte solange auf Dein Ziel zu, wie es geht. Aber wenn Du Hindernisse auf dem Weg nicht überwinden kannst, lamentiere nicht herum, wenn Du abgestürzt bist; steh einfach wieder auf und suche Dir ein neues Ziel.

Ein seltsames Déjà-vu-Erlebnis hatte ich viele Jahre später, als ich eine Schulfreundin besuchte. Wir saßen auf der Wohnzimmercouch, tranken Kaffee (ich weiß nicht mehr, ob mit abgespreizten kleinen Fingern?), und parlierten. Plötzlich bog eine heulende Plastikscheibe mit den Ausmaßen einer üppigen Schwarzwälder-Kirschtorte um die Ecke und begann, eigenständig und ohne menschliche Steuerung den Teppich abzusaugen, bis ihn die Schulfreundin abschaltete und zum Schmollen in den Abstellraum verbannte.
Ich musste eben mal googeln, weiß aber jetzt wieder, dass dieser röhrende Raumpflegediskus auf den Namen Roomba hörte und die Freundin auf meiner Achtungsskala direkt zwei Punkte nach oben klettern ließ. Technologische Avantgarde beeindruckt mich noch immer.

Deshalb bin ich jetzt auch stark versucht, mich an der Finanzierung eines Kickstarter-Projektes zu beteiligen, selbst wenn ich mit einem Mini Mobile Robotic Printer gar nichts anfangen kann. Aber ich fände es einfach irre, demnächst bei Starbucks oder McDonalds bleistiftspitzergroße Döschen über die Tische fahren und, sagen wir mal, Mietverträge ausdrucken zu sehen.
Faszinierende Möglichkeiten eröffnen sich übrigens, wenn man Robodrucker mit Roombas und meinem italienischen Bananenpanzer kreuzen würde!

Eure Charlotte

2 Kommentare

  1. ich schau in die kickstarter- u ä seiten auch total gern, also nix wie unterstützen!

    und zum obigen: wir haben NIE was in Italien am markt bekommen, obwohl jedes standel dringend von meiner mutter angesehen werden musste. immer noch besser als die kirchen. hab ich mir zumindest als kind gedacht;-)

    1. Das dauert ja hier, bis man endlich mal eine Antwort bekommt. (Ganz wie Sie und im Gegensatz zur Frau Charlotte habe ich übrigens auf Urlaubsfahrten mit der Familie auch nie etwas bekommen auf den Märkten. In Italien nicht und in Spanien auch nicht.)

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