Zugegeben, sie werden weniger. Aber es gibt sie noch immer, diese Leute, die an den weisen alten Herrn glauben, der da oben über den Wolken seinen paradiesischen Garten jätet, aus dem er uns vor ein paar tausend Jahren hinausgejagt hat, weil wir Äpfel geklaut haben. Dabei hatte er uns doch zuvor eigenhändig erschaffen!
Die Betonung bei der Erschaffung liegt übrigens auf eigenhändig, denn andere Körperteile waren daran unbeteiligt, schenkt man der Genesis Glauben. Und wenn das stimmt, dann muss ich jetzt eine Beschwerde zur Produktbeschaffenheit Mensch los werden:
„Aus der Erde des Ackers“ hat er uns geformt, dieser Künstler. Was war das bloß für eine Schnapsidee? Ich meine, es muss ihm doch klar gewesen sein, dass wir kein Werk für die Ewigkeit sein würden, verdammt!
Meine Güte! Die „Krone der Schöpfung“, aus Erdkrumen und Lehm! Jedes Kind weiß schon im Sandkastenalter, dass das früher oder später – und zwar eher früher als später – zerbröselt. Er hätte uns doch zum Beispiel auch aus rostfreiem Stahl formen können. Oder, wenn wir schon beim Wünschen sind, aus Adamantium. Hätte ihn nichts gekostet, den feinen Herrn. Aber nein, er musste es ja auf die schnelle und auf die billige Art machen, Sakra!
Ist doch sonnenklar, dass wir deshalb ein natürliches Verfallsdatum haben. Der Mensch als prähistorischer Yoghurt, sozusagen. Und genau deshalb sind wir so, wie wir sind. Mit jedem Tag werden wir unansehnlicher und weniger begehrenswert.
Und hier liegt der zweite Fehler im Konstrukt. Denn auch wenn wir unaufhaltsam immer weniger Objekte der Begierde anderer werden, ist es umgekehrt nicht so, dass wir selbst weniger begehren. Ganz im Gegenteil.
Da mach mir nochmal einer weis, der himmlische Künstler sei kein Sadist.
Ich lese aus den Zeilen einen gewissen Blues. ;-)
Ach, was wäre das Leben schon ohne einen gewissen Blues. (Den man ja durchaus auch in jungen Jahren verspürt; also ich zumindest. Damals halt aus ganz anderen Gründen als heute. Völlig bluesfreie Zeiten habe ich übrigens als eher langweilig in Erinnerung.)