Zeitrechnung & Lieblinks (13)

Cigüeñas de Mazaleón

Früher habe ich langfristig gern in Olympiaden gerechnet. Also zum Beispiel: „Ich würde gern über drei olympische Sommerspiele hinweg studieren!“ Das habe ich dann auch geschafft. (Ich weiß, das hört sich geradezu unverschämt lang an, ist es aber gar nicht. Immatrikuliert habe ich mich rechtzeitig zum olympischen Jahr 1980 (Moskau) und mit dem Diplom abgeschlossen habe ich 1988 (Seoul). Mit sechzehn Studiensemestern habe ich damals die Regelstudienzeit gerade mal um ein Semester überzogen.)
Olympische Sommerspiele waren für mich früher Meilensteine, auf die ich hingefiebert habe. ’72 (München) und ’92 (Barcelona) habe ich sogar in den Austragungsstädten gelebt und mir ’ne ganze Menge der Wettbewerbe angesehen. Das war beide Male sehr toll.

Inzwischen ist meine Begeisterung für Sportveranstaltungen im Allgemeinen und für Olympische Spiele im Besonderen fast auf den Nullpunkt abgeflaut. Ich muss mir eine andere Langfrist-Zeiteinheit für meine Planung suchen. Und was würde sich dafür gerade heute mehr anbieten als Schaltjahre?
Am 29. Februar 2012 habe ich noch nicht in der Wortmischerei geschrieben, und mein früheres Blog lag damals bereits in der Agonie des bevorstehenden Todes. Ist heute also Premiere. Schaltjahrpremiere.

Wir reden jetzt über den 29. Februar 2020. Bis dahin will ich mich unbedingt ein bisschen mehr mit dem ollen Heimatort im Zonenrandgebiet zwischen Katalonien und Zentralspanien beschäftigen. Wenn bis dahin überhaupt noch etwas übrig bleibt. Vom Flüsschen, in dem wir früher™ den ganzen Sommer hindurch geschwommen sind und aus dem wir unvorsichtige Forellen mit der hohlen Hand gefangen haben, war schon im vergangenen Jahr fast nichts mehr übrig. Nicht dass mir irgendwann nur das Foto da oben mit dem Storchennest als Erinnerung bleibt.

Vista del campo en Mazaleón

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Bis dahin lest doch gern auch mal in der Nachbarschaft. Zum Beispiel beim Herrn Buddenbohm, der äußerst Erheiterndes zum heißen Scheiß Kleidungstrend Onesie absondert: „Man sieht auch nicht etwa wie ein Astronaut, ein Rennfahrer oder ein Monteur aus, man sieht, da gibt es überhaupt nichts zu diskutieren, gleich auf den ersten Blick einfach nur wie ein Depp aus. Und zwar in der Ausführung des Volldepps.“ Wer diese Don’t-do-this-at-home-Warnung vor dem Kauf eines kuscheligen, einteiligen Hausanzuges nicht liest, ist selbst schuld.

Bei Paul Kaufmann geht es weniger gefühlig zu, auch wenn die Ausgangsfrage in seinem Artikel „Du willst fremdgehen?“ lautet. Er zückt den verbalen Rotstift und macht sich an eine vergleichende Analyse der Kosten für One-Night-Stands, das Aushalten von Mätressen und Besuche im horizontalen Gewerbe. Die Lektüre des Textes ist übrigens auch dann zu empfehlen, wenn man auf die Ausgangsfrage mit einem klaren Nein antworten würde.

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Meine Lieblinks (12)

14 Kommentare

  1. Bei Ihnen kommt der Storch? Ein Nest hat er schon. Ob er einen Fisch oder einen Frosch finden wird in Wortmischers Wortfluss? Oder zumindest auf der Au, die der Herr Wortmischer vor uns ausgebreitet hat zur Beruhigung oder Entspannung seiner Leserschaft.

    Wenn’s kein Interesse mehr haben an Olympischen Spielen, dann könnten Sie vielleicht sportliches Interesse entwickeln an Storchbeobachtungen z.B. durch die Storchkamera in Rust (im Burgendland). Oder an der Flugbionik.

    1. Der Storch und der Ausblick von der Familienterrasse sind noch aus dem letzten Sommer und sollen meinen festen Willen zur kommenden Vierjahresplanung illustrieren.
      (Übrigens hege ich den Verdacht, dass der Storch längst taub sein muss. Sein Nest hat er nämlich auf der Rückseite des Glockenturms gebaut, der Ärmste.)

  2. Ehrlich gesagt, ich lese jetzt nicht in der ausgelobten Nachbarschaft, sondern lieber bei Ihnen. Besser gesagt, ich lese das Foto, das sie eingestellt haben. Da scheint eine Finca rechts im Bild zu sein. Links davon sehe ich etwas, das wie grün bewachsene Bohnenstangen in die Höhe ragt. War das der Garten Ihrer Eltern? Ein recht groß anmutender Garten, der wohl zur Versorgung der Familie gedient hat oder vielleicht sogar für den Gemüseverkauf in der Region.
    Mögen sie etwas (mehr) erzählen über diesen Garten? Links im Bild scheint ein Folienhaus zu stehen. Tomaten? Melonen? Darf ich Sie ein wenig tiefer fragen: Welche Erinnerungen verbinden Sie mit den Gärten der Kindheit? Gibt es Samen aus der Kindheit, die Sie auch heute noch in ihrem privaten Garten anbauen?

    1. Das Foto da oben, mit Ausblick von der Terrasse von Onkel und Tante, zeigt den Blick aus dem Dorf über die Felder und das Flüsschen auf die Einsiedelei San Cristobal auf dem Hügel am Horizont. Der Großteil der Familien lebt hier von der Landwirtschaft, der die Männer nachgehen. Viele der Frauen arbeiten in einer Fabrikschneiderei am Ortsrand, die Geschäfte in Großstädten wie Barcelona beliefert.

      Onkel Juan bewirtschaftet einige der Felder, die man im Mittelteil des Fotos sieht. Unten im Hausgarten (an der Bildunterkante) steht ein weit ausladender Pfirsichbaum, zu erkennen an den weißen Flecken im Laub, die man für Blüten halten könnte. Tatsächlich aber sind das Papiersäckchen, die einzeln um die fast reifen Pfirsiche gestülpt werden, damit keine Insekten die Früchte anstechen, ihre Eier darin ablegen und somit die melocotones unverkäuflich machen. Hier wird nicht gegen Insekten gespritzt sondern verpackt.

      Überhaupt: Pfirsiche sind hier das ganz große Ding. Wichtiger als der Wein. Verkauft wird alles über die Genossenschaften (Cooperativas). Juan allerdings ist inzwischen in Rente und reduziert jedes Jahr sein Anbaugebiet. Die Landwirtschaft weitergeben kann er nicht, weil seine beiden Töchter in Barcelona leben und arbeiten. Also verpachtet er, was er nicht mehr selbst schafft.

      Zum Frühstück und als Nachspeis‘ gibt es trotzdem noch immer mengenweise Pfirsich bei Juan und Sebastiana. Seither kann ich in Deutschland leider keine Pfirsiche mehr kaufen, weil die im Vergleich zu den frisch vom Baum gepflückten einfach nur fad schmecken.
      Im Garten werden natürlich auch Kartoffeln, Tomaten, Zwiebeln, Gemüse und Mandeln, all das allerdings nur für den Hausgebrauch, angebaut.

      Das Foliengewächshaus links im Bild gehört schon dem Nachbarn des Nachbarn, man kann die Grundstücksgrenzen an den Steinmauern erkennen. Und das Gebäude rechts ist einfach die Rückseite eines Wohnhauses in der Querstraße. Hier unten sieht man das Gegenstück des Fotos da oben, nämlich den Blick vom Feld auf die Häuserzeile an der „Hauptstraße“ des Dorfes. Der höchste Turm auf diesem Bild ist übrigens die Storchenwohnung auf der Kirche Santa María la Mayor.

    2. Ach ja: Ich selbst bin hier nicht aufgewachsen, meine Eltern leb(t)en in Süddeutschland. Und einen eigenen Garten hab ich auch nicht (mehr). Nur eine Dachterrasse wie Juan und Sebastiana, allerdings mit etwas weniger spektakulärem Ausblick :-)

  3. Lieber Wortmischer,
    über Pauls Rechnung hab ich mich schon längst köstlich amüsiert, sollten er wirklich mal in der Mens Health oder so veröffentlichen. Bei Deinen Studienjahren anfangs stutzte ich, bis ein Schuh, bzw. 16 Semester draus wurden…volle Kanne aufs Glatteis geführt, mein Lieber. Wobei mir die 4-Jahressprünge von Schaltjahren als Orientierungshilfe zu groß wären. Naja, ich bin ich wohl noch nicht alt genug für das Gefühl des Zeitrasens, das das Alter angeblich so mit sich bringt ;-DDD. Aber wiederum zu alt für Onesies – meine Tochter genießt den ihren, mich bringen da keine 10 Pferde rein.
    Einen schönen Abend für Dich :-)

    1. Danke sehr, aber meine „schönen Abende“ reduzieren sich gerade aus beruflichen Gründen auf eine letzte Stunde zwischen elf und zwölf; zu wenig Zeit, um es mir schön zu machen – mit oder ohne Onesie ;-)

      Mir persönlich helfen Langfristplanungen, also zum Beispiel über vier Jahre hinweg, Ideen und Ziele aus meinem „Themenspeicher“ nicht aus den Augen zu verlieren und mit Prioritäten zu versehen, die realistisch sind. (Aber ich weiß: Diese mittelfristige Planerei ist ein Relikt aus meinen Arbeitsjahren in der Industrie.)

  4. Lieber Wortmischer!

    Schneiderei! Da lacht mir das Herz, als begeisterte Näherin. Allerdings, so wie ich den Strukturwandel in der europäischen Textilindustrie kenne, wird da in der spanischen Schneiderei am Ortsrand nichts mehr übrig geblieben sein von der Romantik und Schönheit des Nähens.

    Vielen Dank für den ausführlichen Blick „übers Land und seine Menschen“.

    Der Baum mit den … Papiersäckchen ist mir aufgefallen, und ich wollte schon fragen, was denn das für ein Baum sei, mit so großen Blüten. An Pfirsiche hatte ich nicht gedacht, da kenne ich zuwenig von der Landbewirtschaftung Spaniens. Das glaube ich Ihnen gerne, dass Sie in Deutschland keine Pfirisiche kaufen können, im Vergleich zum Geschmack von den köstlich schmeckenden Früchten aus dem Dorf von Onkel Juan. Mir gehts ähnlich bei den Äpfeln. Was es da im Supermarktregal zu kaufen gibt, kommt nicht einmal annähernd an den Geschmack jener Äpfel heran, die auf bäuerlichen Streuobstwiesen wachsen – oder von meinem Elternhaus stammen. Wie herrlich, ein roter Herbstkalvill, der Apfelstrudel aus dem weißen Klarapfel, ein Biss in einen reifen Brünnerling!

    Die Idee mit den Papiersäckchen, die über die fast reifen Früchte gestülpt werden, finde ich klasse. Keine Chemie! Vermutlich aber viel Mühe und Arbeit, im Astwerk herum zu kraxeln und jede Frucht einzeln zu umhüllen.

    Der Ausblick von Ihrem Balkon, der lässt mich glauben, Sie wohnen im Grünen. Soviel Wald vor dem Fenster! Grün ist Medizin gegen den Stress, den der Alltag heraufbeschwört. Oder?

    1. Ja, Grün ist Medizin gegen Stress. Deshalb leiste ich mir den Luxus einer Wohnung, die einerseits einen direkten Anschluss an Kultur und Vergnügen hat (U-Bahnstation fünfzig Meter entfernt), andererseits aber direkt am Zugang in die Berge (raus aus der Tür und rauf auf den Großen Feldberg).

  5. Lieber Wortmischer,
    ich wusste gar nicht, dass es noch Olympische Spiele gibt. Welches Land hat die denn dieses Mal gekauft?
    Das liegt aber daran, dass meine Zeitrechnung völlig durcheinander geraten ist. Während ich früher im Gegensatz zu Ihnen tatsächlich nicht alle 4 sondern jedes Jahr meine persönlichen „Olympiaden“ gefeiert habe, ist heutzutage ein Jahr für mich so gut wie nix. Kaum hat es angefangen, ist es auch schon vorbei – und zwar ohne nennenswerte Ereignisse – jedenfalls keine positiven.
    Durch das Dahinsterben von lieben Menschen und auch durch das Dahinsterben von Kraft, Energie und Unternehmungsgeist, könnte es mir auch passieren, dass Olympische Spiele direkt vor meiner Haustür stattfinden und ich das nicht bemerke.

    Das hört sich alles sehr trist an, aber keine Sorge. Mit dieser dramatischen Reduzierung von Zeitabschnitten, reduzieren sich auch die Erwartungen in dem Umfang, dass ich noch immer zufrieden bin. ;)
    Danke für die unterhaltsamen Links!
    Gruß Heinrich

    1. Ja, doch, es gibt diese Spiele noch. 2016 sind die Brasilianer dran, befürchte ich. Ob gekauft oder verschenkt, gratis oder umsonst, das weiß ich auch nicht. Sollen die mal machen, ich guck eh nicht mehr hin.
      Und Sie? Halten Sie mal die Handbremse leicht angezogen, nicht dass Sie im rasenden Taumel der vorüber rauschenden Jahre ins Schleudern kommen! … ;-)

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