Zumindest etwas Gutes bringt die neue US-Präsidentschaft doch mit sich: Dank der trumpschen Schreckensfrisur reagieren viele Männer geschockt und überprüfen vorsichtshalber einmal ihre eigene Außenwirkung. Das kann auf gar keinen Fall schaden, da wir ja ab einem bestimmten Alter (und insbesondere als Männer) zur Beigisierung neigen.
Die Gründe, warum sich Menschen mit beigen Stoffsäcken kleiden, sind weitgehend unbekannt; auch wenn die Filmemacherin Sylvie Hohlbaum bereits im Detail der Frage nachgegangen ist, warum ältere Menschen verbeigen.
Persönlich glaube ich ja, dass es eine Reminiszenz an gute alte Zeiten ist, die glorifizierende Erinnerung an den Fernsprechtischapparat 611, die „Graue Maus“ unter den Wählscheibentelefonen. In Zeiten von Schubstelefonen von Apple oder Samsung würde so mancher noch einmal liebend gern seinen Finger in die Löcher einer Wählscheibe stecken. Weil das aber nicht geht, außer im Technikmuseum, trägt der alternde Mensch eben ersatzweise bahamebeige Kleidung.
Glücklicherweise bin ich selbst bislang einer Infektion durch den Virus der Beigisierung entgangen, obwohl ich langsam aber sicher auch in die Hochrisiko-Gruppe hinein wachse.
Ich leide allerdings an einem anderen Makel, den Frau A. nicht müde wird, mir beinahe täglich vorzuhalten. Ich trage fast ausschließlich Jeans. Also nicht die modischen, fast ins Weiße ausgebleichten, bereits ab Werk mit Rissen und Löchern versehenen. Sondern die guten alten dunkelblauen, die man ein paar Mal nicht gemeinsam mit anderen Kleidungsstücken waschen sollte. Allerdings habe ich die im Fachhandel für Best Ager gekauft, weshalb sie nicht aus normalem Denim-Stoff gefertigt sind sondern aus einer Stretch-Mischung. Warum ich das gemacht habe, weiß ich nicht mehr. Meine Körpermaße haben keine Hosenweitung in verschiedenen Haltungsvarianten nötig. Trotzdem sind meine Jeans dehnbar. Das Dumme daran ist, dass die Hosen zwar nach dem Waschen einigermaßen eng sitzen; nach ein paar Tagen allerdings wie drei Nummern zu weit an mir herumschlabbern.
Damit, so Frau A., sähe ich aus wie ein frühverrenteter Inkontinenzwindel-Träger. Für den Fall, dass ich zu den Hosen noch eine beige Funktionsjacke mit zehn Innen- und Außentaschen anschaffe, droht sie mir Schläge an. Oder die Trennung. (Also falls ich einmal nicht mehr will, weiß ich, wie ich es anstelle.)
Das Alter hält Fallstricke für die Menschen bereit, die man vor dreißig Jahren nicht für möglich gehalten hätte. – „Immer wachsam!“
ui, ich hab heut was graues an. graut ihnen schon?;-)
Ach was! Es soll ja jeder anziehen, was ihm gefällt. Und wenn es Grau ist, dann eben Grau.
Für mich mag ich das nicht, und mit der Frau A. bin ich mir da auch einig. (Aber irgendwer muss ja die beigen Klamotten kaufen!)
Das Uniforme prägt alle Generationen. Ich glaube, ältere Menschen trauen sich keine kräftigen Farben mehr zu, weil es nicht ihrem Lebensgefühl entspricht. Die Erwartungshaltung der jüngeren Generationen ist aber auch so. Als mein alter Chef sich im Urlaub einen kanariengelben Anzug gekauft hatte, haben alle über ihn gelacht. Demnach ist Beige das Bunt der Alten.
„Beige ist das Bunt der Alten“ – Eine erschreckende These. Ich würde mir natürlich nicht unbedingt einen kanariengelben Anzug zulegen. Das gilt allerdings altersunabhängig, hätte ich mit zwanzig auch nicht gewagt.
Allerdings vermeide ich Beige. Und Grau. Letzthin sah mich ein junger Kerl bei mir in der Fabrik lange an und verstieg sich dann zu der Bemerkung: „Ihr blaues Hemd, bewertet auf einer Skala von 1 bis 10, das wäre 11-Blau!“
Die Jungen, die sich von Kopf bis Fuß in Schwarz kleiden, finde ich auch nicht attraktiver.
Was sollen sie denn anziehen?
Rot – agggresiv. Nur anzuziehen, wenn man auffallen will.Farbe der Sünde.
Rosa – Mädelsfarbe.
Violett – Kardinalsfarbe der Kirche.
Lila – wirkt überheblich, unreif.
Weiß – schwierig zu pflegen.
Schwarz – trostlos.
Grün – zum Speien.
Gelb – Papageienfarbe.
Zartblau – das nimmt keiner ernst.
Dunkelblau – schmutzempfindlich und verrät langweiligen Typ.
Türkis – nur was für Schlanke mit gut gebräunter Haut.
Petrol – wirkt kalt und aufdringlich.
Khaki – Touristentarnfarbe.
Lachs – lächerlich.
Orange – wirkt oberflächlich.
Grau – unverbidlich, unzuverlässig.
Beige – aufrichtig, frei, neutral.
Da trau ich mich ja kaum, über meine Farbvorlieben zu sprechen!
Sü(n)dhaftes Rot. Ja, mein Lieber Wortmischer!
Das freut den Widder in mir, ich trage gerne Rot. Ein bisschen Rot. Zu meinem schwarzem Haar. Oder ist das Pink auf dem Foto?
Pink!? – Oh, nein, mitnichten! Das wäre Weihnachtsmannrot, wenn die Optik des Smartphones von Tochter 3.0 ein wenig lichtechter wäre. (Oder war das irgend so eine neumodische Fotobearbeitungs-App, die mich in Richtung Paulchen Panter mutieren hat lassen?)
Der Vorteil der Farbe Beige ist jener, das die Farbe Beige keine Farbe ist, sondern ein ganzes Farbspektrum. Beige ist auch immer Beige. Da kann man eine Jacke schon mal 2 Saisonen tragen ohne zu waschen. Und auch nicht unwichtig – Beige lässt sich mit Beige prima kombinieren. Alle erdenklichen Beigetöne passen zueinander – eine dankbarere Farbe gibt es gar nicht.
Besagtes Wählscheibentelefon ist bei meinen Schwiegereltern übrigens noch fein im Einsatz.
Wenn ich’s nicht besser wüsst‘, ich würde sagen, Du arbeitest in der Werbeabteilung des Herrenschneiders von Wüstenfuchs Rommel ;-)
Aber dass die Wählscheibenapparate noch mit der heutigen Übertragungsgtechnik funktionieren, haut mich glatt vom Sockel. (Oder hat da irgendein Techniker die Finger im Spiel und digitale Elektronik im Gehäuse verbaut?)
Beigisierung? Ohje, ich rede mich damit heraus, dass es in Modekreisen „Camel“, „Caramel“, „Champagner“, „Nude“, „Taupe“ und „Mint“ heißt. Andererseits, in meinen Mittzwanziger-Kreisen herrscht das neue Biedermeier, auch das beschriebene Telefon fände sich problemlos eingereiht neben „Vintage“-Möbeln aller Art im nächsten veganen Berliner Café um die Ecke.
Aber besten Dank für die Neuwortschöpfung, „beigisieren“ wird jetzt in den Wortschatz aufgenommen.
Beige Telefone in veganen Berliner Cafés? Tztztz …
(Das würde ja der „Beigisierung“ Tüpfelchen auf das die drei I’s setzten. Wie schreibt man eigentlich die Mehrzahl des Buchstaben i? Doch wohl kaum mit Deppen-Apostroph? Aber zwei is oder drei Is sehen ja wohl noch doofer aus /o\ …)
Sehr schön!
Die Mehrzahl von „ein i“ würde ich streng mathematisch bilden: „zwei i“, „drei i“ etc.
I’s oder is – mit oder ohne Apostroph, sieht beides nicht aus. Wo doch das Gute liegt so nah: Plural von i ist und bleibt i? (Wenn ich den Dieter Schlabonski nicht hätt. Danke sehr!)