Quo vadis, Google?

„Das Ziel von Google besteht darin, die Informationen der Welt zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen“, heißt es in der Unternehmensinformation. Und ich bin jetzt gerade ein bisschen angepisst, weil ich dieses Motto zwar grundsätzlich gut finde, sehr gut sogar, aber als Nutzer verschiedener Google-Dienste Zweifel am Weg der Umsetzung habe. Vor 14 Jahren (wenn ich das richtig nachgesehen habe) startete die Google-Suchmaschine, ich war einer der ersten begeisterten Fans. Und seither habe ich dem Unternehmen immer die Stange gehalten: Ich hatte mir mit viel Nachdruck eine Einladung zum Webmaildienst besorgt, als in Deutschland noch kaum jemand von gmail sprach. Seit einigen Jahren verwende ich iGoogle als Startseite auf heimischen und beruflichen PCs, weil ich damit auf einem Bildschirm Überblick über meine E-Mails, meinen Kalender, meinen RSS-Reader (gReader) und viele andere Portale habe wie zum Beispiel Twitter oder Google Drive. Und als ich mir ein neues Mobiltelefon aussuchen sollte, habe ich vor zwei Jahren intuitiv nach einem Smartphone auf Android-Basis gegriffen, weil es versprach, sich unkompliziert in den geschätzten Google-Kosmos integrieren zu können. – Alles stets im Sinne des Mottos aus den beiden ersten Zeile.

Seit etwa einem Jahr beginne ich jedoch, an Googles Weitsicht zu zweifeln. Die unverständlichen Patentstreitorgien mit Apple verfolge ich mit Kopfschütteln, so manchen Unternehmenseinkauf betrachte ich skeptisch. YouTube oder Motorola einzugemeinden mag durchaus strategisch sinnvoll sein, aber ich erkenne, dass andere offene Stellen seit Jahren nicht geflickt werden, weil da wohl nicht die nötige Priorität gesetzt werden kann.

Beispiele gefällig? – Die einfache Synchronisation von Google-Diensten aus der Cloud auf Android-Smartphones war schon immer ein wichtiges Kaufargument. Schon vor vier Jahren bemängelten die ersten Nutzer jedoch ein Problem mit den Kontakten auf PC und Smartphone: Die Synchronisation funktioniert zwar perfekt, doch mit den Profilfotos der Kontakte aus dem Adressbuch gab es Ärger. Wer ein Foto eines Freundes mit der Kamera des Telefons knipst, kann dieses mit wenigen Klicks in das Adressbuch des Gerätes aufnehmen. Das Bild wird auch rasch in die Kontakte bei gmail übertragen. Bis hierhin no sweat, aber dann passiert es: gmail rechnet das Foto auf magere 96×96 Pixel herunter, weil der Dienst im Internet keine höhere Auflösung braucht. Allerdings schickt er das Minibildchen bei nächster Gelegenheit auch postwendend wieder an das Smartphone zurück. Dies mag in den ersten Tagen der smarten Mobiltelefonie noch nicht aufgefallen sein, auf den neueren Geräten sehen solche Briefmarkenfotos allerdings mit Verlaub gesagt besch***** aus. Dieser Umstand wird von der weltweiten Gemeinde seit 2009 massiv bemängelt, Google reagiert jedoch nicht; weder mit Taten, noch mit Worten.

Das Beispiel mag dem geneigten Leser als Luxusproblem erscheinen. Wenn man allerdings einmal überdenkt, dass Google und Apple gerade auf dem Gebiet der perfekten Darstellung auf ihren Mobilgeräten mit Zähnen und Klauen konkurrieren, dann grenzt es an Irrsinn, sich eine solche Blöße zu geben, die auf einfachste Weise behoben werden könnte. Ich kann mir Googles Ignoranz nur dadurch erklären, dass das Unternehmen bereits an zu vielen Fronten kämpft und dadurch so manches hinten runter fällt.

Hinten runter gefallen ist offenbar auch mein Aggregator iGoogle. Die Mail-Kalender-News-und-Sonstiges-Übersicht wird Ende 2013 eingestellt. Nach der Abkündigung von Google Buzz und Google Wave wird erneut ein Dienst gekillt, den der eine oder andere lieb gewonnen hat. Für meinen Geschmack bietet Google hier zu wenig Konstanz. Man kann sich auf nichts verlassen außer auf harten Konkurrenzkampf mit Microsoft, Apple, Facebook, der auf dem Rücken der Nutzer ausgetragen wird.

Google verliert diejenigen aus den Augen, die das Unternehmen groß gemacht haben: seine begeisterten Anwender. Das ist sehr schade.

Reduzieren

Bestimmt hat jeder von dem Arbeitslosen gehört, der seine Münzsammlung verkaufen musste, bevor er HartzIV beantragen konnte. Herr Martenstein bricht in seiner Kolumne eine Lanze für Jäger und Sammler. Ich hingegen stelle fest, dass die Epoche der Sammelwut ihrem Ende entgegen geht.

Ich habe beschlossen, mich zu reduzieren. Das meine ich nicht körperlich sondern organisatorisch. Auf den Geschmack gekommen bin ich in meinem Büro. Dort stehen zwei Aktenschränke, die fast vollständig leer sind; keine Leitzordner, keine Hängeregistraturen. Ich bekomme ohnehin fast nur E-Mails, und die wenigen Briefe, die eintrudeln, scanne ich sofort ein, um sie als PDF-Anhänge ebenfalls in der Mailablage zu archivieren. Ich rühme mich, ein papierloses Büro zu führen.

Das funktioniert erstaunlich gut. So gut, dass ich beschlossen habe, auch privat keine Papierablage mehr anzulegen. Die Akten der letzten drei Jahre habe ich bereits digitalisiert: Versicherungsunterlagen, Kaufbelege, Reparaturrechnungen, Steuerbescheide, Verbrauchsabrechnungen, Kontoauszüge – alles wandert durch den Scanner und landet in der „Cloud“. Dies hat zur Folge, dass sich die Regale in meinem Arbeitszimmer leeren und ich auf alle Unterlagen zu Hause auf dem PC sowie notfalls sogar im Biergarten über das Mobiltelefon zugreifen kann. (Nicht dass ich die letztgenannte Option wirklich nutzen würde, aber ich könnte, wenn ich wollte.)

Kritiker der Papierlosigkeit werden einwenden, dass das Verlustrisiko hoch ist. Was passiert, wenn die Dateien bei Dropbox, Sugarsync und Google Drive verloren gehen? Ich halte dagegen, dass ja alles synchronisiert wird und auf dem PC und dem Backupserver doppelt abgesichert ist; sicherer als in Ordnern nach dem Hausbrand.
Dem Argument der Datenausspähung entgegne ich lässig: „Wer sich für meine Daten interessiert, dem ist ohnehin nicht mehr zu helfen.“

Natürlich ist mir bewusst, dass Papier nur der erste Schritt der Reduzierung ist. Da warten noch meine Sammlung jahrzehntealter englischer und spanischer Videos, die entweder eingestampft oder digitalisiert werden müsste. Und meine alten Schallplatten. Die eingemottete Stereoanlage mit Röhrenverstärker. Die zehn Meter Bücherwand …

Ja, ich weiß: der Trennungsprozess hat erst begonnen. Aber ich schaffe das. Ist alles nur eine Frage der Zeit. – Außer vielleicht die Sache mit der Bücherwand. Die muss bleiben. Ein Defekt muss jedem vergönnt sein. Und wenn dereinst meine Kinder oder Enkel nur ein paar Bücher entrümpeln müssen, dann ist doch schon viel gewonnen.

Sportief

Es gibt zwei Kategorien von Sportlern: Solche, die mit Sport Geld verdienen, und solche, die dafür Geld ausgeben. Wortmischers gehören zur zweiten Kategorie. Sohn 2.0 zum Beispiel lässt einen dicken Batzen seines Taschengeldes in einer Muckibude, mutmaßlich um der holden Weiblichkeit in seinem Bekanntenkreis einmal einen Waschbrettbauch präsentieren zu können. Die Zielsetzung von Tochter 1.0 ist im Vergleich dazu nur schlecht auszumachen; sie bezahlt zwar ein Selbstverteidigungsstudio mit monatlichen Raten, die man auch in ein schickes Abendessen zu zweit investieren könnte, besucht das Etablissement jedoch nie. Warum sie das so hält, habe ich nicht verstanden. So etwas können Väter nicht verstehen.

Ich selbst gebe gerne ein paar Taler dafür aus, mich mit Sohn 2.0 sonntags in einen Käfig sperren zu lassen, in dem wir uns eine Stunde lang kleine grüne Gummibälle gegenseitig um die Ohren und oftmals auch gegen die Wände schlagen. Und weil wir dabei manchmal ins Schwitzen geraten, lassen wir den unter Druck stehenden restlichen Dampf im Anschluss im Hochofen der Sauna abzischen.

Gestern nun kam Tochter 3.0 auf den Gedanken, diese Sportart für Verrückte namens „Squash“ auch einmal ausprobieren zu wollen. Und siehe da, auch Frau Wortmischer schloss sich an; zwar nicht um Gummikugeln zu klopfen, aber immerhin um Schweiß in der Sauna zu lassen. Auf diese Weise bereiteten sich Wortmischers auf die Begegnung mit der anderen Art der Sportler vor, mit denen, die für Sport Geld einnehmen statt es auszugeben. Auf dem Programm stand – wer hätte anderes vermutet? – das Finale der Europameisterschaft. Wortmischers hatten die Begegnung bereits Tage vorher akribisch vorbereitet.

Finale bei Wortmischers

Neben einer angemessenen Beflaggung hatten wir das Fernsehgerät, das normalerweise über Jahre hinweg in einem dunklen Kellerraum auf Logisgäste oder Bügelwütige wartet, nach oben ins Wohnzimmer geschafft, Getränkevorräte angelegt, die dazu geeignet waren, alle geladenen Rudelglotzer und darüber hinaus auch zufällige Gäste in ausreichendem Maße von innen zu befeuchten.

Zum Verlauf des Abends braucht nichts gesagt zu werden. Es wurde nämlich bereits alles gesagt und geschrieben. Und ehrlich gesagt fällt es mir heute auch gar nicht so leicht zu reden. Aber die Bilder des gestrigen Abends werde ich so schnell nicht vergessen: Die Kiddies der spanischen Spieler auf dem Platz, die Pokalübergabe und all die verrückten Details, die es nur in Spanien geben kann, wie zum Beispiel die katalanische Flagge, die sich Xabi um die Schultern gelegt hatte.

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So muss ein Sportwochenende bei Wortmischers aussehen. Dann darf sogar das Wetter so bescheiden ausfallen wie in den vergangenen Wochen und Monaten. Das lassen wir dann gerne mal durchgehen. – ¡Campeones!

Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Nach der fußballerischen Lektion, die Spanien den Iren gestern Abend erteilt hat (die Paddys gingen mit 0:4 über die Wupper den Ärmelkanal die Danziger Bucht) könnte man ja durchaus vom Beginn einer wunderbaren, völkerverständigenden Freundschaft sprechen. Zumindest wenn man ausreichend Häme mitbrächte.

Mit dem Titel meines Postings beziehe ich mich jedoch auf eine ganz andere spanische Freundschaft, die in den letzten Tagen gar nicht die Aufmerksamkeit bekam, die sie verdient hätte.

Eisen oder Peitsche?

Frau Merkel und Señor Rajoy kämpfen derzeit Schulter an Schulter hautnah um die Rettung der Gemeinschaftswährung. In solchen Situationen entstehen schon gerne mal enge Freundschaften. Da nimmt der spanische Präsident der Kanzlerette sicher auch die Frage nicht übel, ob er denn das Eisen oder die Peitsche bevorzuge.

Auf eine dritte, nochmals ganz andere Art wunderbarer Freundschaft bezieht sich jedoch die spanische Satirezeitschrift El Jueves, die das oben gezeigte Titelbild auf ihrer Facebook-Wall gepostet hatte. Die Zuckerberger beanstandeten die Abbildung wegen Verstoßes gegen die Erklärung der Rechte und Pflichten und löschten sie.

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Das alles sind Momente trauter Gemeinsamkeit, die uns tief im Inneren berühren. – Unbezahlbar.

Raubtier in der Todeszone

Raubtier in der Todeszone?

„Wenn Leder auf Leder trifft …“, dann handelt es sich bestimmt um einen Radiowerbespot der Süddeutschen Zeitung, in dem die Fußballberichterstattungskompetenz des Blattes unterstrichen werden soll. Aber diese Zeiten sind spätestens seit der Jahrtausendwende vorbei. Leder kommt auf dem Fußballrasen der Profis längst nicht mehr vor, für Bälle und Stiefel der baltischen EM musste keine einzige Kuh und keine Sau ihr Leben lassen. Also muss man die Werbegurus der SZ schon darauf hinweisen, dass wirklich kompetente Berichterstattung dann einsetzt, „wenn Raubtierplaste auf Tanzelaste klatschen“.

Diese neuen Tretmaschinen sind mir suspekt. Nicht nur die Tatsache, dass zum Beispiel das schwarz-blau-rote Modell, das wir dieser Tage so häufig zu sehen bekommen, auf den anheimelnden Namen „Todeszone“ getauft wurde (die englische Originalbezeichnung macht es nicht besser), lehrt mich das Gruseln. Im Gruppenspiel zwischen Holländern und Dänen konnte man in Super-Zeitlupe zusehen, wie man aus den Balltretern Schlittschuhe macht: Sprunggelenk schräg stellen, Schwung mitnehmen und auf der seitlichen Plastikkufe über das regennasse Gras gleiten! – Bei solchen Bildern jodelt jeder Orthopäde erwartungsvoll.

„Ja ja, das ist der Materialmix“, höre ich Euch jetzt bestimmt gleich einwerfen. „Das kann ja nichts werden, Hightech-Spielgerät auf Gras!“ Unzulässiger Materialmix, Clash of Cultures, Alt trifft Neu …

Beruhigend ist, dass solche Probleme schon bald der Vergangenheit angehören werden. Auf internationalen Turnieren wird demnächst nur noch auf Kunstrasen gespielt, spätesten in Katar im Jahr 2022 wird es wohl so weit sein. Von da an ist es nur noch ein Wimpernschlag, bis die Ronaldos und Messis von Robo Erectus und seinen Kickerkumpels Predators abgelöst werden.

Das werden dann wieder Spiele wie im alten Rom: Kampf bis der letzte 16-Kern-Prozessor verglüht ist!