Alkohol ist …

Bierzapfe

… Dein Fallschirm und Dein Rettungsboot. – Zweite Hälfte der 80er Jahre. Mittagspause in einem deutschen Elektrokonzern mit angeschlossener Bank am Südostrand einer bekannten bayerischen Großstadt. Ich habe mein Studium so gut wie abgeschlossen und als Bit-und-Byte-Jongleur angeheuert.
Ein paar längergediente Kollegen, der Chef und ich stapfen aus dem Büroturm über rot geklinkerte Wege, bis wir den Kantinenbau erreicht haben. An der Essensausgabe, lassen wir uns die Teller vollhäufen und steuern auf die Kassen zu. Auf dem Weg machen wir noch an der Getränkestation halt. Neben Wasser, Cola, Fanta, Sprite gibt es auch Zapfhähne mit Bier. Die ganze Truppe nimmt sich Willibecher, jeder zapft sich eine Halbe. Der Chef natürlich auch. An allen Tischen hat mindestens jeder Zweite ein Bierglas’l vor sich stehen. Normalität in der deutschen Industrie.
(Mein Vater berichtet, dass sich die Kantine der Führungskräfte durch drei Dinge von der fürs Fußvolk unterscheidet: Es gibt Tischtücher, das Essen wird am Tisch serviert und sie trinken Weißwein statt Bier.)

Rund zehn Jahre später. Ich arbeite in einem tiefgekühlten Bürogebäude in Barcelonas Arbeitervorort Cornellà. Mittags, kurz vor zwei, treten wir hinaus in die glühende Hitze und wandern zu einem der Restaurants, die sich auf Mittagsmenüs spezialisiert haben. Der Kellner betet drei Vorspeisen, drei Hauptgerichte und drei Nachspeisen herunter. Jeder kombiniert, wie er will. Auf dem Tisch stehen Flaschen mit gekühltem Rotwein*, von dem jeder soviel trinkt, wie er Lust hat. Ist die Flasche leer, bringt der Kellner eine volle. Ist im Menüpreis von damals tausend Peseten (rund sechs Euro) inbegriffen. Bevor wir ins Büro zurückschlendern, trinken wir alle noch einen Carajillo. Normalität am spanischen Mittagstisch.

*) Den gleichen Wein gibt es in den Bodegas am Straßenrand aus Fässern in mitgebrachte Plastikkanister abgefüllt zum Mitnehmen nach Hause. Kostenpunkt pro Liter: zwischen 70 und 200 Peseten (rund 50 Cent bis 1,20 Euro)

Etwa weitere zehn Jahre später. In meiner ersten Arbeitswoche beim neuen Arbeitgeber in Mainhattan wird ein Kollege abgemahnt, weil auf der Spesenrechnung eines Abendessens mit Kunden drei Bier aufgeführt sind.
In der Hausordnung der Büros steht ausdrücklich vermerkt, dass jegliche Form von Alkohol (und sogar alkoholfreies Bier und Sekt) auch bei Geburtstags-, Einstands- und Abschiedsfeiern streng verboten ist. – Hoppla! Was ist passiert mit der einstigen Normalität?

~

Heute ist Tag vier von insgesamt 39 Tagen Enthaltsamkeit. Inzwischen mache ich das gern: Zweimal im Jahr vier oder fünf Wochen ohne Bier, Wein und andere Darreichungsformen von Alkohol. Auf so eine Idee wäre ich früher™ (siehe oben) nicht gekommen.
(Update 16.2.2016: Bitte unbedingt weiterlesen bei Frau Rosenherz)

~

Fastentage: 4
Gewicht: minus 2 Kilo (das geht viel zu schnell, ich muss unbedingt mehr essen)

20 Kommentare

  1. Pingback: Batman Go Home! | Wortmischer

  2. Pingback: Karfreitags: Nudeln gehen immer | Wortmischer

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.