Krawumm! Hinter dem Großen Feldberg türmen sich in Sekundenschnelle Wolkengebirge auf und schieben sich über den Taunusgipfel. Obwohl auf meiner Dachterrasse noch die Sonne scheint und ich bei wohligen 29 Grad neben einem Hefeweißbier unter dem Sonnenschirm sitze, weiß ich sofort, dass der Spaß jetzt ein Ende hat. Und zwar ein ziemlich abruptes. Sonnenschirm einklappen, Sitzpolster in die Wohnung, und schon geht es los.
„It’s rainig pearls!“, singen die Weathergirls, und mein sonst so fröhlich dem Sommer entgegen blühender Schnittlauch ist schockiert und liegt bedröppelt im Hagelperlenbett. Und ewig singen die Feuerwehrsirenen …
Innerhalb einer Viertelstunde ist die Außentemperatur um 12 Grad gefallen, und ich bin endlos dankbar, dass unsere diesjährige Gedächtnisfahrt rund um den Henninger Turm * schon vor einer Stunde zu Ende gegangen war und ich mein auf dem Fahrradsattel weich gerittenes Hinternfleisch wenigstens noch ein halbes Stündchen auf der Terrassenbank abhängen konnte.
~
*) Ganz Sporthessen ist besetzt vom Kapitalismus der glitzernden Bankentürme Mainhattans. Das einstmalige Waldstadion der Frankfurter Eintracht heißt längst „Commerzbank Arena“ und das regional beliebt-berüchtigte Radrennen Rund um den Henninger Turm wird seit ein paar Jahren als „Rennen um den Finanzplatz Eschborn“ angekündigt.
Vollkommen bekloppt. Die sind alle nicht mehr ganz knusper, sage ich Euch. Und deshalb hat sich eine unerschrockene Schar von Freunden zusammen gefunden, die jedes Jahr so bald als möglich nach dem 1. Mai eine Gedächtnistour Rund um den Henninger Turm fahren.
Hauptziele der Fahrten sind natürlich nicht Etappen-Bestzeiten sondern Gasthäuser, in denen man zur Aufpäppelung von Stimmung und Kalorienhaushalt Pausen einlegen kann. Unseren diesjährigen Einkehrschwung absolvierten wir heute im Ahrenshof, einem kuschelig-verwinkelten Gasthof mit Biergarten bei Bad Vilbel, in dem – natürlich rein zufällig – der Wortmischer-Sohn 2.0 die Finanzierung seines nachschulischen Vorstudien-Lebens als Kellner sicher stellt.
Bei Salaten und Schnitzeln und Kellerbieren bejubelten wir unsere sportlichen Höchstleistungen, und ich beglückwünschte mich ganz in mich gekehrt zum wiederholten Male für die Entscheidung, mein neues Rad nicht mit weichem Gelsattel für Rentnergesäße auszustatten, sondern mit einem schlanken, ziemlich harten Sportsattel. Auf mehrstündige Strecken ist der tausendmal sitzhügelschonender als die breiten Kamelfleisch-Gelsättel. Sag ich mal so. Als Tipp. Dies hier ist ja schließlich auch ein Service-Blog.
Der arme Schnittlauch! Mein Salat würde sich auch über ein paar trockene Tage freuen.
Wir sind hier noch ziemlich verschont, der Neckar bleibt etwa da, wo er hingehört, aber ein paar Nachbargemeinden melden Stromausfälle nach den Gewittern …
Hoffen wir, dass der Neckar auch morgen bleibt, wo er ist. – Hier ist jetzt auch wieder alles vorbei. Nur der Urselbach hinterm Haus rauscht wie die alpine Mangfall während der Schneeschmelze.
Da haben Sie die Kurve genommen von Eiskügelchen und Schnittlauch bis zum Gelsattel für Rentnergesäße! Sportlich, sportlich. Ich staune, was der Wortmischer alles über diverese Fahrradsattel zu schreiben weiß. Als Autofahrerin, die häufiger zwischen Daheim und Elternhaus pendelt, sehe ich eine Menge männlicher (zumeist sportlicher) Hinterteile auf Fahrrädern, da sich hier in der Gegend eine überaus beliebte Fahrradstrecke durch das Tal schlängelt. Allerdings faszinieren mich am meisten die Wadln von den Männern auf den Radln.
Und jetzt, nachdem ich etwas zum besagten Bauwerk nachgelesen habe, versuche ich mir die Menge an Getreide vorzustellen, die da im Getreidelager des Henninger Turms Platz gehabt haben mag. Was mögen daraus Bierflaschen hervogegangen sein!
Als „Zuagroaster“, also als Nicht-Hesse hab ich mich immer gewundert darüber, dass ausgerechnet ein Brauereiturm Wahrzeichen Frankfurts gewesen sein soll. Wo die doch hier viel mehr Apfelwein bechern als Gerstensaft. Aber inzwischen ist der Henninger-Turm ja auch abgerissen und die Brauerei nach fast 350 Jahren Firmengeschichte aufgelöst. Zumindest ich bedaure das schon, denn dieser „Äbbelwoi“ schmeckt mir auch nach beinahe zwei hessischen Jahrzehnten nicht.
Und wenn ich von Ihrer lautmalerischen Faszination über die „Wadln von den Männer auf den Radln“ lese, schiebt sich mir spontan die Erinnerung an Euren Wiener Austropopper, den Fendrich Rainhard, in den Kopf, der gesungen hat vom „Wippen an den weiblichen Rippen, das er ständig fixiert weil es ihn fasziniert“.
Der lief in den Achtzigern oft und gern im Valleys, als sommerliche Alternative zum allgegenwärtigen Hardrock sozusagen.
Aber leider: Blick auf die Wadln hab ich nicht anzubieten, weil ich keine kurzen Hosen trage. Außer beim Baden. So bin ich sozialisiert worden; spanische Männer zeigen kein Bein. Also zumindest nicht im letzten Jahrhundert.
Ja hallo, flotter Spanier, der seine Wadeln stets züchtig bedeckt, nur wenn das Badewasser an den Beinen leckt, gibts Haut zu sehen. Wer soll das verstehen?
Andererseits, ich gebe Ihnen recht, so eine blasse, unverbrannte Haut bleibt auch im Alter viel schöner erhalten. Zart und streichelweich. Was man von der ausgedorrten Haut der Braungebrannten nicht behaupten kann.
Ach, der Fendrich! Was hat der alles besungen, sogar das Glück, das am Autofriehof draußen liegt. Der von Ihnen zitierte Songstext dürfte aus dem Song „Oben ohne“ stammen. Klar, das waren die Achtziger.
Da schlägt mein Frankfurter Herz hoch! Ist der Henningertur, um den ihr jetzt herumradelt, denn inzwischen ein Luxuswohnheim fürr Millionäre geworden? Wie sieht es dort aus?
Um den Blick auf den Taunus beneide ich Dich auch. Und dann noch eine Dachterrasse…
Ach, Heimweh…
Der Henninger Turm wurde abgetragen. Hat ewig gedauert. Jetzt ist auf dem Gelände Großbaustelle und auch die wird ewig zu besichtigen sein (Stichworte BER? S21? Henninger19?). Danach soll tatsächlich ein Wohnkomplex dort stehen, irgendwie „in Anmutung zum Henninger Turm“, also mit so einem Fässchen oben drauf ;-)
Und um Deinen Neid runter zu fahren: Die Dachterrasse misst gerade mal sieben Quadratmeter, reicht also nicht für Partystimmung. Ist aber trotzdem schön, sofern nicht sintflutartige Regenfälle auf den Fliesen schwappen.
(Ich wuste ja gar nicht, dass Du aus Frankfurt kommst.)
Ich bin aufgewachsen am östlichen Ende der Berger Straße und im Nordend zur Schule gegangen.
Dass das neue Gebäude an den Henninger Turm erinnern soll hatte ich gelesen. Wundert mich dass es immer noch nicht steht. Geht schließlich um Investoren- Jeld und nicht um Steuergelder.
7 qm Terrasse ist doch paradiesisch!
Ja, ich bin auch hoch zufrieden mit meiner Terrasse. Ausreichend Platz für eine Handvoll Gäste und mich, Blick in den Wald und Ruhe ohne Ende. Was will man mehr :-}
Und in der Berger Straße hätte ich auch beinahe mal gemietet. Vor beinahe zwanzig Jahren. Abgeschreckt hat mich allerdings die Nachbarschaft: In der Tiefgarage des Gebäudes standen mengenweise Golfbags auf den großzügig ausgelegten Stellplätzen. Damals traute ich mich nicht, als Alternative den damals aktuellen Kinderwagen auf meinem Platz abzustellen. – Soziale Inkompatibilität …